Full text: Deutsche Geschichte bis zur Folgezeit des Dreißigjährigen Krieges (H. 3 = Kl. 3)

Städtewesen. — Städtegründung. Stadtbild. 
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blühten die deutschen Städte empor. Die künstliche Schöpfung eines Einzelnen, 
etwa Heinrichs I., sind sie nicht. Alle Fürsten, Bischöfe und sonstigen großen 
Grundherren haben Städte gegründet, aber nur in einem bestimmten Zeitalter 
der deutschen Geschichte. Dem „Stadtherrn" gehörte der Grund und Boden. (Er 
verlieh der Gemeinde das Stadtrecht. 
Die meisten deutschen Städte wurden von etwa 1000—1400 n. Ch. gegründet. 
In kaum 400 Jahren entstanden an 2500 Städte. Wo das Land am stärksten be- 
völkert ist, da liegen auch die Städte am dichtesten, nämlich im Südwesten Deutschlands. 
Wo dagegen das Land am spärlichsten bevölkert ist, da sind auch die Städte spärlich 
gesät, nämlich im Nordosten Deutschlands. — Seit etwa 1400 bis heute hat sich auch 
die Zahl der deutschen Städte fast gar nicht mehr verändert. 
Die Städte konnten erst entstehen, als das wirtschaftliche Leben Deutschlands 
eine bestimmte Stufe erreicht hatte; dann aber mutzten sie entstehen. Diese Stufe 
war erreicht, als sich neben der Landwirtschaft allerlei Gewerbe entwickelt hatte. 
Die Stadt diente auch zunächst einem wirtschaftlichen Bedürfnis, hierher 
brachte der Bauer die Erzeugnisse des Rrfers und der Viehwirtschaft (T. VIII, 43 und 44); 
hier versorgte er selbst sich wieder mit allerlei Bedürfnissen, die ihm Handwerker und 
Kaufmann anboten. Die Städte waren der Mittelpunkt für den Austausch der 
Erzeugnisse einer ganzen Gegend. Dies war ihre erste Aufgabe. Jede Stadt 
hatte aber noch eine zweite Aufgabe; sie sollte einer ganzen Gegend zum 
Schutze dienen. Zum Wesen einer Stadt gehörte außer dem Markte darum die 
burgähnliche Befestigung. (Daher: Bürger --- Burger und „Burgemeister".) An¬ 
fangs bestand dieselbe nur aus Palisadenzaun und Wall; bald trat auch die mit 
starken Türmen und befestigten Toren versehene Mauer hinzu. Dadurch erhielt jede 
Stadt auch ihr besonderes Aussehen. 
Das Stadtbild. 
Der Stadtplan. Die Städte im südwestlichen Deutschland erwuchsen ganz 
allmählich um eine Herrenburg, eine königliche oder fürstliche Pfalz, um einen 
Bischofssitz oder ein Kloster. Darum war hier das Bild der Stadt völlig regellos. 
3ede derselben bestand aus einem Gewirr von engen und krummen Gassen (T. VIII, 
45). 3m Osten hingegen, im slawischen Koloniallande, wurden sie stets nach einem 
bestimmten Plane angelegt. Die Hauptstraßen sind gerade; sie schneiden sich recht- 
winklig und teilen den Bauplan in regelmäßige Häuserviertel (T. VIII, 46). 
Das Stadtbild. Ganz anders als heute sahen die Städte des Mittelalters aus. 
Die hochragenden Türme der Kirchen, der Tore und Mauern und die Stadtmauer 
selbst mit ihren Zinnen und (Erlern gaben ihr ein trutziges, stolzes und zugleich maleri¬ 
sches Aussehen (T. VII, 35 und 36!). Doch war man erst in „der häufer quetschende 
(Enge" gelangt, so gewann man von der Stadt ein ungünstigeres Bild. Die Häuser 
waren ursprünglich aus holz oder Fachwerk gebaut und mit Stroh oder Schindeln 
gedeckt; nur die Kirche und allmählich auch das Rathaus waren Stein- oder Ziegel¬ 
bauten. Die häuf er kehrten ihre schmale Giebelseite der Gasse zu. Der Oberbau sprang
	        
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