Full text: Die Neubildung der europäischen Kulturwelt durch Christentum und Germanentum (Hauptteil 2)

VI Einleitung. 
Kleidung dienten Felle, die mit Flechtnadeln und Zwim aus Tiersehnen 
zusammengefügt wurden. — Als Wohnungen benützte man am liebsten 
Höhlen, da sie Schutz gegen Witterungseinflüsse boten und leicht zu verteidigen 
waren. Wo es keine Höhlen gab, schlug man die Lagerstätte unter überhängen- 
den Felswänden auf. Fehlten auch diese, so suchte der Urmensch natürliche Boden- 
senkungen, hohle oder dichtbelaubte Bäume u. dgl. durch einige Zutaten von 
seiner Hand (Windschirme, Dächer, Wände, Umzäunungen usw.) wohnlich zu 
machen. — Haustiere gab es nicht; ebenso waren Ackerbau und Töpferei wahr- 
scheinlich noch unbekannt. 
Die W e r k z e u g e und W a s f e n, wie Messer, Beile, Lanzenspitzen 2C.2C., 
wurden hauptsächlich aus Stein hergestellt und durch kunstvolles Schlagen in 
die gewünschte Form gebracht. Daneben fanden auch andere Stoffe, wie Holz 
(zu Keulen), Horn, Knochen und Zähne (zu Dolchen, Nadeln usw.), Verwendung. 
Die sorgfältige Bearbeitung dieser Stoffe bezeugt, daß den Urmenschen Schön- 
heitsgesühl und Kunstsinn durchaus nicht abgingen. Das sieht man auch 
aus den nawrwahren Zeichnungen (Bildern von Tieren und Menschen), mit 
denen die Höhlenwände häufig geschmückt wurden. — Wichtige Überreste aus 
jener Zeit sind besonders in Südwestfrankreich, dann in Mitteldeutschland (bei 
Weimar) und in Bayern (bei Nördlingen) gefunden worden. 
2. Die jüngere Steinzeit. In der jüngeren Steinzeit dürfte das Klima 
ungefähr das gleiche gewesen sein, wie es jetzt noch ist. Ebenso glich die Pflanzen- 
und Tierwelt der heutigen; wenigstens finden wir unter den Tieren die auffallen- 
den Vertreter der Großen Eiszeit (Mammut usw.) nicht mehr. Dagegen treten 
als wichtige Neuerscheinung gezähmte Tiere (Haustiere) auf, zuerst der Hund, 
dann das Rind, das Schaf und die Ziege, später das Schwein und schließlich 
das Pferd. Die Menschen trieben Ackerbau und gewannen zunächst Gerste, Weizen 
und Hirse, dann Erbsen und Bohnen, später Hafer und Roggen; ferner zog man 
schon Obst (Äpfel, Birnen, Sauerkirschen); außerdem lernte man den Flachs 
behandeln und durch Flechten und Stricken zu Schnüren, Netzen und Tüchern 
verwerten. Doch waren die Menschen teilweise auch noch Jäger und Fischer. 
Die meisten Spuren ihrer Lebensweise entdeckt man in den sog. Küchen- 
abfallhaufen, die besonders zahlreich an der nordischen Seeküste (na- 
mentlich in Dänemark und Schleswig) vorkommen und Überreste aus den ver- 
schiedenen Abschnitten der Urzeit enthalten. 
Je mehr indes der Ackerbau Hauptbeschäftigung wurde, desto ernstlicher 
mußte sich auch der Mensch an eine gewisse Seßhaftigkeit gewöhnen. Demgemäß 
finden wir jetzt neben den Höhlenwohnungen die über einer (als Feuerstätte 
dienenden) Grube errichteten Rundhütten sowie die Pfahlbauten, deren 
Reste in vielen Seen der nördlichen Alpenvorländer^) noch vorhanden sind. Die 
Pfahlbaudörfer waren auf starken Rosten, die eine breite Plattform trugen, 
aufgebaut und zwar in derartiger Entfernung vom Ufer, daß einerseits eine 
gewisse Sicherheit (gegen plötzliche Überfälle u. dgl.) gegeben, anderseits ein 
leichter Verkehr mit dem Lande möglich war. Die Hütten bestanden aus Holz 
oder Stroh, hatten jedoch eine aus Steinen errichtete Feuerstelle. Tische, Bänke, 
Webevorrichtungen, ferner geflochtene Matten (aus Baumbast) und Körbe (ans 
*) Prächtige Funde aus dem Tegern- und dem Starnbergersee (Roseninsel) 
finden sich im Münchener Museum für vorgeschichtliche Altertümer, solche aus den 
Seen des Salzkammergutes in Salzburg.
	        
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