Full text: Die Neubildung der europäischen Kulturwelt durch Christentum und Germanentum (Hauptteil 2)

62 Die Zeit der salischen (fränkischen) Kaiser. 
Einigung. Da griffen bei der allgemeinen Sehnsucht nach Frieden die 
deutschen Fürsten ein und vermittelten zwischen Kaiser Heinrich und Papst 
1122 Kalixtus II. das sog. Wormser Konkordat (= Übereinkommen). 
Das Wormser Konkordat regelte die Streitfrage in folgender Weise. Fortan 
wurden die Bischöfe und Äbte in Gegenwart des Kaisers oder seines Stellvertreters 
frei gewählt und zwar die Bischöfe durch die an den bischöflichen Kirchen (Käthe- 
dralen) angestellten Geistlichen (das sog. Domkapitel), die Äbte durch die Ge- 
samtheit der Mönche (den sog. Konvent). Die Neugewählten erhielten dann vom 
Kaiser das Zepter als Zeichen der Belehnung mit den weltlichen Besitzungen 
und Rechten (Regalien); hierauf folgte die kirchliche Weihe (Überreichung von 
Ring und Stab) durch die päpstlichen Bevollmächtigten. 
Die Regelung der Thronfolge. Einen weiteren Beweis ihrer Macht gaben 
die Fürsten beim Tode des kinderlosen Kaisers. Dieser hatte die Söhne seiner 
Schwester Agnes, die Brüder Friedrich und Konrad von Schwaben (Staufen; 
s. Stammtafel) zu Erben der salischen Hausgüter eingesetzt und ersteren (Friedrich) 
auch als Nachfolger im Reiche bezeichnet. Doch die Fürsten kümmerten sich nicht 
um diese Bezeichnung, sondern wählten den Herzog Lothar von Sachsen 
zum König. 
Tie Kulturverhültnisse in Deutschland zur Zeit der sächsischen und 
fränkischen Kaiser. 
a) Das Staats- und Rechtswesen. 
1. Die staatlichen Verhältnisse. Die Grundlage des Staatslebens 
bildete im allgemeinen das Lehenswesen. Oberster Lehensherr war der 
König. Die Übertragung der königlichen Würde beruhte teilweise noch 
aus dem Erbrecht teilweise jedoch auf der Wahl durch die Großen des 
Reiches, auch „Fürsten" genannt. Eine feste Residenz hatte der Hof 
immer noch nicht; er wanderte von Pfalz zu Pfalz, wobei er die Über- 
schüsse der nahegelegenen Reichsgüter aufbrauchte. 
Die alten Hofämter (S. 34) blieben bestehen. Doch geschah die eigentliche 
Reichsverwaltung mehr und mehr durch die Reichskanzlei, an deren Spitze der 
Reichskanzler (meist ein Erzbischos) stand. Zur Erledigung wichtiger Reichs- 
angelegenheiten berief der König die sämtlichen Fürsten zu einem Reichstag. 
Die Regierung der einzelnen Teile des Reiches lag in den Händen 
der Stammesfürsten, zunächst der Stammesherzöge. Allerdings suchten 
die Könige die Macht der Stammesfürsten durch Verkleinerung und Zer- 
splitterung der Herzogtümer zu schmälern. Dafür entwickelten sich die 
Inhaber der neuentstandenen verkleinerten Amtsbezirke allmählich zu 
Landesfürsten, d.h. sie strebten innerhalb ihrer Gebiete möglichst alle 
Königsrechte (Regalien), wie Ernennung der Beamten, Heeresbefehl, 
Gerichtsbarkeit, Steuer-, Zoll-, Münz-, Bergrecht zc. an sich zu bringen. 
Als Fürsten galten alle Herzöge, Grafen, Bischöfe und Reichsäbte. 
2. Die Rechtspflege bewahrte die altgermanische Grundlage. Die 
■ gewöhnlichen Gerichte waren die der Grafen und Schultheißen (S. 35).
	        
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