Object: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

496 Herakles. 
beigegeben ist, das einem Original des Lysippos 
nachgebildete Werk des Atheners Glykon. Der 
Held in augenblicklicher Abspannung lehnt die 
Wucht seines müden Körpers ans seine mit der 
Löwenhaut gleichsam überpolsterte Keule und blickt 
ans sein von Mühen und Drangsalen erfülltes 
5 Leben nicht ohne Verstimmung zurück. — Die 
Herakleiden, 'HguHlstäui, Nachkommen des 
Herakles, sind außerordentlich zahlreich. Vorzugs¬ 
weise trug diesen Namen der Stamm des Hyl¬ 
los, der mit den Dorern in den Peloponnes 
zog, um die von ihrem Ahnherrn früher unter¬ 
worfenen Lande, wie Argos, Lakedaimon, das 
messenifche Pylos, wieder zu erobern. Bald nach 
dem Tode des Herakles wurden seine Söhne, deren 
ältester Hyllos war, von Eurystheus verfolgt; sie 
flohen von Trachis oder von Argos und Mykenai 
ans, wo Herakles zuletzt geherrscht haben sollte, 
schutzsuchend nach Athen zn Theseus. Eurystheus 
kommt mit Heeresmacht, wird aber bei den skiro- 
uischeu Felsen von den Athenern und Herakleiden 
geschlagen; er selbst fällt von der Hand des Hyllos 
oder Jolaos. Makaria, Tochter des Herakles 
und der De'ianeira, hatte sich vor der Schlacht 
zum Heil ihrer Brüder freiwillig dem Tode ge¬ 
weiht. Darauf fielen die Herakleiden in den Pe¬ 
loponnes ein, wurden aber durch eine Pest ver¬ 
trieben und zogen über Athen nach Thessalien, 
wo Aigimios (f. b.) bem Hyllos beit dritten Theil 
seines Landes abtrat. Nach drei Jahren zog 
Hyllos abermals, nachdem er von Delphoi das 
Orakel erhalten hatte, die Herakleiden sollten die 
dritte Frucht abwarten und auf der Wasserenge 
in den Peloponnes bringen, mit einer Schaar 
Dorer über ben Jsthmos nach bem Peloponnes, 
um bem Atreus bas Reich bes Eurystheus zu ent¬ 
reißen, fiel aber (10 Jahre vor bem trojanischen 
Kriege) in einem Zweikampfe mit bem für Atreus 
kämpfenden Echemos, König von Arkabien, 
Sohn bes Aeropos, auf ber Grenze von Korinth 
unb Megara. Die Herakleiden hatten versprochen, 
wenn Hyllos falle, so wollten sie in 50 ober 100 
Jahren ihren Angriff ans ben Peloponnes nicht 
erneuern, unb zogen sich daher zurück. Der Sohn 
des Hyllos, Kleodaios, und später dessen Sohn, 
Aristomachos, zur Zeit, wo Tisamenos, 
Orestes' Sohn, im Peloponnes herrschte, wieder¬ 
holten die Einfälle, aber kamen gleichfalls um. 
Da ward endlich den Söhnen des Aristomachos, 
Temenos, Kresphontes und Aristodetnos, 
vom Orakel der frühere Spruch dahin erläutert, 
daß die britte Frucht bas britte Geschlecht, und 
die Wasserenge das Meer zur Rechten des Jsthmos 
sei; da aber der erste Versuch wegen eines an 
einem Seher begangenen Frevels mißlang, und 
Aristodemos vom Blitz erschlagen wurde, wählten 
sie sich aus den Rath des Orakels, einen Drei¬ 
äugigen an ihre Spitze zu stellen, den Aitoler- 
könig Oxylos, der' einäugig aus einem Maul- 
thiere ihnen aufstieß, zum Führer unb gingen 
nun bei Naupaktos übers Meer, besiegten unb 
erschlugen ben Tisamenos unb theilten bas er¬ 
oberte Laub unter sich; Temenos erhielt Argos, 
Kresphontes Messenien, bie Söhne bes Aristode¬ 
mos, Prokles und Eurysthenes, Lakedaimon. 
Oxylos mit seinen Aitolern setzte sich in Elis 
fest. — Seitdem werden die Herakleidenzüge erst 
geschichtlich. Die Brüber und ihre Nachkommen 
regieren von jetzt an über die Hauptländer des 
Peloponnes: Argolis, Messenien und Lakonien; 
ein anderer Herakleide, Metes, erhielt Korinth. 
Es zeigt sich in dieser Erzählung das Streben, 
die Eroberung des Peloponnes als eine in beit 
rechtmäßigen Ansprüchen der Herakleiden begrün¬ 
dete Wiedereinnähme darzustellen, mit Benutzung 
der dorischen Hauptphyle der Hylleer (TlXsig oder 
'TlloA, welche ans den schon traditionellen oder 
als mythischen Repräsentanten dieser Phyle singir- 
ten Hyllos zurückgeführt wurde. In Lakonien 
herrschen Herakleiden bis int I. 221, in den an¬ 
dern Ländern verschwinden sie viel früher. 
Wenn die makedonischen Könige sich von Teme¬ 
nos ableiteten und Herakleiden nannten (Hdt. 8, 
137.), so wollten sie damit ohne Zweifel ihre 
hellenische Abkunft int Gegensatz gegen das bar¬ 
barische Volk barthun. — Die lybische Dynastie 
ber Herakleiben, bie sich ableitete von Herakles 
und einer Sklavin des Jardanos und 505 Jahre 
lang vor den Mermnaden über Lydien herrschte 
{Hdt. 1, 7.), stand ursprünglich in Verbindung 
mit dem assyrischen Heros Sandon, der Herakles 
von bett Griechen genannt wurde, und beutet 
hin auf eine Ausbeutung der assyrischen Macht 
über Lydien. — Auch nach Rom wurde der 
Mythos von Herakles übertragen und derselbe 
dort mit einheimischen Gottheiten, bem sabinischen 
Sancus u. a., ibentificirt; er galt als Gott
	        
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