Full text: Bilder aus der vaterländischen, besonders der brandenburgisch-preußischen Geschichte (Vorstufe)

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Als der Krieg beendigt war, da wurde aus dem tapfereu Kriegs-Kurfurst 
manne der sorgsame Landesvater. Er förderte Acker- und Obstbau. 6ater- 
Den ersten Blumenkohl in den Marken hat er in seinen Gärten gezogen. 
Oft sah man ihn selbst mit der Gartenschere die Bäume und Strüncher 
beschneiden. Den Anbau des Tabaks und der Kartoffel hat er veranlaßt. 
Auf den Havelwiesen um Oranienburg weideten Kühe, die aus Holland 
stammten. Kein Bauer durfte heiraten, bevor er nicht sechs Eichen 
gepflanzt und sechs Obstbäume veredelt hatte. Zur Hebung des Handels 
verband er die Oder mit der Spree durch den Müllroser Kanal oder 
Friedrich-Wilhelms-Graben. Das Geld dazu verschaffte er sich durch 
eine neue Art der Besteuerung, „die Akzise" genannt. Schulen, hohe wie 
niedere, legte er an. Eine große Büchersammlung schuf er dadurch, daß 
er die von seinen Vorfahren erworbenen Werke, die auf dem Boden des 
Schlosses moderten, aufstellen und ordnen ließ. 
Besonders wichtig war aber die Aufnahme der aus Frankreich ver- WUhe?m als 
triebenen Reformierten (Hugenotten). Ludwig XIV. wollte nämlich, wie Schutzherr 
in allen anderen Beziehungen so auch in der Religion, eine vollständige sebrüngten. 
Einheit in seinem Lande herstellen. Deshalb mußten alle, die sich nicht 
zu seinem Glauben bekehren wollten — der König war, wie die meisten 
Franzosen, katholisch —, heimlich entfliehen. Friedrich Wilhelm nahm, 
dem Zorne des „großen" Ludwig trotzend, diese geschickten und fleißigen 
Leute gern bei sich auf und siedelte sie in verschiedenen Gegenden an. 
In Berlin gab es eine große Anzahl dieser „Refngies". Damit hob er 
die Bildung und Betriebsamkeit bei seinen Untertanen, die neue Einrich- 
tuugen kennen lernten; Gewehrfabriken, Gaze-, Seide- und Kreppfabriken 
entstanden. 
Ganz besondere Aufmerksamkeit widmete der Kurfürst dem Seehandel s®Dat"ebunb 
und der Flotte. Er ruhte nicht eher, als bis sich seine Flagge (der rote 
Adler im weißen Felde) auf dem Weltmeere zeigen konnte und sich mit 
der spanischen Flotte zu messen wagte. Auch erwarb er schon eine 
Kolonie an der Westküste Afrikas. Diese Erwerbungen gingen allerdings 
später verloren, erst das neue starke Deutschland hat das wieder angefangen, 
was der Große Kurfürst versucht hat. 
Als er (1688) merkte, daß seine Kraft zu Ende ging, da versammelte 
er am 7. Mai zum letztenmal seine getreuen Räte um sich. Er über- 
gab die Regierung feierlich seinem Sohne. Für sein Reich hatte er ge¬ 
sorgt. Nun konnte er ruhig sterben. 
Am 9. Mai starb er nach langem Todeskampf mit der trostreichen 
Gewißheit: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, und er wird mich auf¬ 
erwecken aus der Erde." Die Seinigen haben von ihm, so sagte sein 
getreuer Rat Schwerin, lernen können, wie man sterben muß. 
Nun war der Staat gegründet, welcher der uralten deutschen Zer¬ 
rissenheit ein Ende machen sollte. Der Wahlspruch des Großen Kur- 
fürsten war: Gedenke, daß du ein Deutscher bist!
	        
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