Full text: G. G. Bredows Leitfaden für die Weltgeschichte

100 III. Brcmdenburgisch-preußischc Geschichte. 
Ruhme Friedrichs war es erlaubt, uns über unsere Kräfte zu täuschen, 
wenn anders wir uns getäuscht haben." - Erst am 23. De- 
zember des Jahres 1809 konnte die königliche Familie, von der Be- 
völkerung mit lautem Jubel begrüßt, wieder ihren Einzug in Berlin 
halten. Aber schon waren die Tage der Königin gezählt, und vor- 
ahnend sprach sie an ihrem Geburtstage (1810): „Ich denke, es wird 
wohl mein letzter Geburtstag sein, den ich feiere." Sie behielt recht; 
als sie im Juli bei ihrem Vater in Strelitz weilte, warf eine heftige 
Brustkrankheit sie auf das Krankenlager. Das Krankenlager ward 
ihr zum Sterbebett. Am 19. Juli 1810 erlag sie ihrem Leiden. — Ganz 
Preußen, ganz Deutschland trauerte um sie. Ihr Andenken wird im 
deutschen Volke nie erlöschen. Ihr von Christian Rauch angefertigtes 
herrliches Marmorbild in dem Mausoleum zu Charlottenburg ist eins 
der ersten Werke der Bildhauerkunst. 
19. Ureutzens Erhebung. 
a. Die innere Wiedergeburt. Der Abschüttelung des fremden 
Joches ging eine innere Neugestaltung des preußischen Staates voran, 
welche man als die „Wiedergeburt" desselben bezeichnet. Die An- 
regnng zu dieser Umgestaltung ging aus von dem Freiherrn Minister 
von Stein. Vor allem mußten zunächst die Kriegs kosten be- 
zahlt werden; denn bis zur Tilgung derselben mußte Preußen auch 
noch 150 000 französische Soldaten unterhalten und war nicht Herr 
im eignen Lande. Willig trug das Land die großen Opfer; der 
König und sein Hof selbst gingen mit dem Beispiel der Sparsamkeit 
voran. 1808 war die Kriegslast abgetragen, und preußische Truppen 
zogen wieder in Berlin ein. Nunmehr konnte sich die Regierung ganz 
der inneren Neugestaltung widmen. Zunächst wurde die Lage des 
Bauernstandes gebessert. Den meisten Bauern gehörte nicht der 
Grund und Boden, den sie bebauten, und das Haus, das sie bewohnten; 
es war Eigentum des Gutsherrn, und von diesem waren sie völlig 
abhängig; sie waren ihm erbunterthänig. Diese Erbunterthänigkeit 
wurde aufgehoben, und so ein freier Bauernstand geschaffen. — Die 
Verwaltung der Städte lag bislang ganz in den Händen der Re- 
gierung; jetzt wurde den Bürgern die Verwaltung ihrer Angelegen- 
heiten und die Wahl von Bürgermeistern und Vorstehern aus der 
Mitte ihrer Bürger überlassen. Die Handwerker erhielten Gewerbe- 
freiheit. — Die neuen Grundlagen zur Wehrkraft des Landes gab 
General von Scharnhorst: die Wehrhaftmachnng des ganzen Volkes
	        
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