Full text: G. G. Bredows Leitfaden für die Weltgeschichte

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III. Brandenburgisch-preußische Geschichte. 
31. Die zweite französtsche Revolution. 1830. 
a. Ihr Anfang. Während die Franzosen 1830 mit der Er¬ 
oberung des Naubstaates Algier beschäftigt waren, brach in Frank- 
reich selbst eine Revolution aus. Karl X., der 1824 den Thron 
seines Bruders bestiegen hatte, schloß sich der Adelspartei und den 
Priestern an und versuchte durch gewaltsame Schritte Frankreich all- 
mählich wieder in einen Zustand zurückzuführen, wie er vor der ersten 
Revolution bestanden hatte. Er ließ die Preßfreiheit ausheben und 
durch andere gewaltsame Maßregeln die Verfassung verletzen. Plötz- 
uch, gaffen die Pariser zu den Waffen. Der König und das Mini- 
stemmt wollten nicht nachgeben. Truppen wurden herbeigezogen, und 
es entstand ein dreitägiger Straßenkampf (28.—30. Juli 1830)- aus 
ihren Häusern machte die Bevölkerung kleine Festungen, von dem aus¬ 
gerissenen Steinpflaster, von Wagen, Balken u. dergl. Verschanzungen 
m den Straßen (Barrikaden); die Nationalgarde (das Bürger- 
Militär) griff die Truppen mutig an und die Linientruppen gingen 
bald zu ganzen Regimentern zu dem Volke über. Die königliche 
Familie und die Minister mußten die Stadt verlassen, nachdem der 
Kampf auf beiden Seiten an 6000 Menschen gekostet hatte. Es bildete 
sich eine vorläufige Regierung, welche die ältere bonrbonische Linie 
absetzte und aus dem Reiche verwies. Louis Philipp, Herzog von 
Orleans, übernahm als General-Lieutenant des Königreichs die Hügel 
der Regierung und wurde nach wenigen Tagen zum König der Frau- 
zosen ernannt. Der abgesetzte König begab sich über England nach 
Osterreich, wo er später an der Cholera starb. Einzelne Aufstände 
und Mordversuche gegen Louis Philipp bewiesen bald, daß die Ruhe 
in Frankreich nur scheinbar hergestellt war. 
b- Ihre Ausbreitung. Wie die erste französische Revolution, 
so fand auch die zweite, die Iulirevolution, Nachahmung in andern 
Ländern und zwar zuerst in dem Königreich der Niederlande. Im 
Jahre 1815 waren Holland und Belgien zu einem Königreich ver- 
einigt worden, ohne daß eine Einigkeit zwischen den Bewohnern beider 
Gebietsteile erzielt werden konnte, besonders da in Holland der größere 
^eil evangelisch, in Belgien dagegen bei weitem die überwiegende 
Mehrheit katholisch ist. Die katholische Geistlichkeit erhob immer 
Widerstand gegen die Regierung, und das belgische Volk glaubte sich 
gegen die Holländer zurückgesetzt. Im August 1830 brach der Sturm 
in Brüssel los und verbreitete sich fast über das ganze Land. Fran- 
zösische Sendlings hatten dabei die Hand im Spiele. In Brüssel ent- 
stand ein ähnlicher blutiger Straßenkampf wie in Paris, und die 
Holländer mußten bald Brüssel und das ganze Land bis auf die 
Citadelle von Antwerpen träumen. Im Oktober erklärten sich die 
Belgier für unabhängig, bald darauf wurde ein Waffenstillstand zu- 
stände gebracht und im Dezember die Unabhängigkeit Belgiens von 
den europäischen Staaten anerkannt. Int Juli 1831 übernahm Prinz 
Leopold von Sachsen - Coburg die belgische Krone. Die Holländer
	        
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