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zu gewinnen und machte deshalb einen Römerzug. Aus demselben
empfing er zu Mailand die eiserne Krone und 1328 in Rom
aus der Hand des Grasen Sciarra Colouna, der im Namen des
römischen Volkes handelte, die Kaiserkrone. Aus die Kunde
von diesen Vorgängen befahl Papst Johann XXII., daß gegen den
Bayern ein Kreuzzug gepredigt werde; auch suchte er die deutschen
Kurfürsten dahin zu bringen, den K önig Philipp VI. von Frank¬
reich zum deutschen König zu erheben. Ludwig ließ in Rom
die Absetzung Johanns XXII. aussprechen und einen Gegen-
papst wählen, Nikolaus Y.
Aus der Rückkehr von Rom schloß Ludwig in Pavia am
4. August 1329 mit seinen Neffen Rudolf II. und Ruprecht I., den
Söhnen seines verstorbenen Bruders Rudolf, den für Bayern so
1329 wichtigen „Hausvertrag." Die Nachkommen Rudolfs erhielten die
Rheinpfalz und den größeren Teil des Nordgaus
(Arnberg, Sulzbach, Nabburg, Neumarkt, Neunburg) — von nun an
„Oberpfalz" genannt; das Kurrecht sollte zwischen Bayern und
der Rheinpsalz wechseln, und für den Fall des Erlöschens der einen
Linie sollte das erledigte Land an die überlebende Linie Zurücksallen.
So teilte der Paveser Vertrag die wittelsbachische Dynastie in eine
ältere, Rudolfische Linie in der Rheinpsalz und in eine jüngere,
Ludwigische Linie in Bayern.
Bei seiner Zurückkunst von Rom fand Ludwig das deutsche Reich
in wilder Aufregung: Fehden und Bürgerkrieg an allen Orten. Wie-
derholt versuchte er, eine Aussöhnung mit dem päpstlichen Stuhle her-
beizuführen — zuerst mit Johann XXII., dann mit dessen Nachfolger
Benedikt XII., einem wohlwollenden, Ludwig nicht feindselig ge-
sinnten Manne — und zeigte sich zu großen Opfern und Demü¬
tigungen bereit. Aber vergebens. Der König von Frankreich vereitelte
jeden Ausgleich. Der unter seinem Einflüsse stehende Papst mußte dem
sriedesuchenden Kaiser Bedingungen stellen, welche weder dieser noch
die Reichsfürsten ohne Preisgebung der deutschen Ehre annehmen
konnten. Lauter als je regte sich endlich der Unwille im Reiche. Die
Kurfürsten traten 1338 am Ufer des Rheins zu Lahnstein zu
einer Beratung zusammen und erklärten dann auf ihrem alten Wahl-
1338 Versammlungsorte, dem Königsstuhle zu Nhcnse: „Daß derjenige,
welcher von den Wahlsürsten oder der Mehrzahl derselben gewählt
sei, zur Führung des Königstitels und der Reichsgewalt der päpst¬
lichen Ernennung, Billigung oder Bestätigung nicht bedürfe." Im
gleichen Jahre fand zu Frankfurt ein Reichstag statt, welcher
diesen Beschluß, „den Rhenser Kurverein", nicht nur bestätigte,
sondern noch dahin erweiterte, daß der von den Kurfürsten gewählte
König auch zur Führung des Kaisertitels berechtigt sei."
Das gute Einvernehmen des Kaisers mit den Reichsfürsten
dauerte jedoch nicht lange. Ludwig der Bayer strebte nach möglichster
1324 Vergrößerung seiner Hausmacht. Schon 1324 hatte er seinem ältesten