Full text: Bilder aus der Geschichte für evangelische Volksschulen

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jeder andere Deserteur behandelt. Ein hölzerner Schemel war sein 
Sitz und der Fußboden sein Lager. Katte wurde enthauptet. Ein 
Kriegsgericht sollte nun über den Prinzen ebenfalls das Todesurteil 
sprechen; denn der König wollte bei seinem Sohne keine Ausnahme 
machen und ihn nach der Strenge der Kriegsartikel (Gesetze für die 
Soldaten) verurteilen lassen. Das Kriegsgericht aber weigerte sich, 
den Willen des Königs zu erfüllen. Friedrich Wilhelm verzichtete 
Wtt zwar auf das Todesurteil, aber der Prinz mußte in Arrest 
bleiben. 
e. Friedrichs Besserung. In der Einsamkeit und Stille • 
des Gefängnisses lernte Friedrich nach und nach das Unrecht einsehen, 
das er gegen seinen Vater begangen hatte, und bat ihn in einem Herz- 
lichen Briefe um Verzeihung. Das freute den König so, daß er ihn - 
aus der Haft entließ. Nach Hause aber durfte der Prinz noch nicht 
kommen, sondern der König bestimmte, daß er noch in Küstrin bleiben 
und mit den dortigen Regierungsbeamten arbeiten solle. Der Prinz . 
erwarb sich bald die volle Zufriedenheit seines Vaters, und der Un- 1 
mut des Königs schwand mehr und mehr. 
f. Friedrichs Begnadigung. Als die Prinzessin Wilhel- j 
mine Hochzeit hatte, ließ Friedrich Wilhelm seinen Sohn heimlich nach 
Berlin kommen und führte ihn in Gegenwart der Hochzeitsgäste Plötz- j 
lich zu der freudig bewegten Mutter mit den Worten: „Da ist der t 
Fritz wieder!" Alle Zwietracht hatte nun ein Ende. Freiwillig lernte | 
der Kronprinz jetzt alles, was er als künftiger König und Heerführer ] 
zu wissen nötig hatte, und zeigte dabei einen solchen Eifer, daß sein ; 
Vater mit frohem Herzen sagte: „Ich kann zufrieden sterben, da ich i 
einen so würdigen Sohn zum Nachfolger habe!" 
2. Der erste und zweite fdUefifdie Krieg (1740—1742. 1744—1745). 
a. Die Veranlassung. Im Jahre 1740 bestieg Friedrich IL, [. 
damals 28 Jahre alt, den Thron. Seine Seele erfüllte der Gedanke, i 
seinem Staate Macht und Ansehen zu verschaffen. Sein Vater hatte | 
manchmal erfahren, daß der Kaiser das kleine Preußen gering schätzte. . 
Wenn derselbe den König brauchte, so schmeichelte er ihm; bedurfte ; 
er feiner Hilfe nicht, so sah Friedrich Wilhelm sich vernachlässigt, f 
Das entrüstete diesen so sehr, daß er einst, auf den Kronprinzen \ 
zeigend, in die Worte ausbrach: „Da steht einer, der mich rächen 
wird." Er ahnte nicht, wie wahr er geredet hatte. Friedrich II. J 
wußte dem österreichischen Hause zu zeigen, daß er nicht mit sich $ 
scherzen ließe. Kurfürst Joachim IL hatte (1537) mit dem Herzog | 
von Liegnitz, Brieg und Wohlau einen Vertrag geschlossen, in welchem ; 
festgesetzt war, daß diese schleichen Besitzungen an Brandenburg £ 
fallen sollten, wenn die schlesische Fürstenfamilie ausgestorben fet. ' 
Schon zur Zeit des großen Kurfürsten war jene herzogliche Familie 
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