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Das Dorf erweiterte sich bald zu einer Stadt, die nach der Heimat der
Kurfürstin Oranienburg genannt wurde. Ihrem Gemahl war Luise eine
treue Stütze und Beraterin. Trotz ihrer schwachen Gesundheit begleitete
sie ihn auf allen seinen Reisen und selbst auf seinen Kriegszügen. Es war
ihr unerträglich, von ihm getrennt zu sein. „Ich will lieber alle Unbe-
quemlichkeiten der Welt haben und bei ihm sein," schrieb sie einst, „als
alle Bequemlichkeiten der Welt genießen und ihn nicht sehen." » Der Kur¬
sürst erwiderte diese innige Liebe und treue Anhänglichkeit dadurch, daß er
sie selbst in ernsten Staatsangelegenheiten um Rat fragte. „Alles," erklärte
er einst, „worin ich dem Rate meiner Gemahlin gefolgt bin, ist gut von
statten gegangen." Dem ganzen Lande war Luise eine wahre Mutter und
den Armen eine teilnehmende Fürsorgerin; überall war sie den Notleidenden
mit Rat und Hilfe nahe. Daher erwies das Volk ihr auch eine innige
Verehrung. Das Waisenhaus zu Oranienburg hat ihre Wohlthätigkeit
verewigt. Sie hat dasselbe aus ihren Ersparnissen gegründet; denn sie
war von ihrer Mutter zur Sparsamkeit, Ordnung und Arbeitsamkeit
erzogen worden. Vor keiner Arbeit in Küche und Garten schreckte sie
zurück. Als einst einer ihrer Kammerdiener des Diebstahls überführt
worden war und aufgehängt werden sollte, sprach sie zu ihrem Gemahl:
„Und wenn auch all mein Gold und alle meine Juwelen gestohlen würden,
meinetwegen soll doch kein Blut fließen." Im Jahre 1666 machte sie die
weite Reise nach dem Haag, um ihre Mutter zu besuchen. Krank und schwach
kam sie dort an und fürchtete, daß es ihr nicht mehr vergönnt sein werde,
ihren Gemahl wiederzusehen. Sie kehrte nach Berlin zurück, wo sie schwer
leidend ankam. Nur zu bald sollte der betrübte und besorgte Kurfürst
erkennen, daß seine geliebte Luise nicht mehr genesen werde. Am 18. Juni
1667 starb sie in noch nicht vollendetem 40. Lebensjahre.
Der Kurfürst war aufs tiefste betrübt. „Das ist der größte
Schmerz meines Lebens," sprach er, nachdem er ihr die Augen zugedrückt,
und lange, sehr lange noch empfand er eine tiefe Wehmut, deren er trotz
seines starken Geistes nicht Meister werden konnte. Wenn er irgend eine
bedeutende Sorge oder schwere Aufgabe zu lösen hatte, trat er zu ihrem
Bilde, das in Lebensgröße über seinem Arbeitstische hing, und ries aus:
„O Luise, Luise, wie sehr vermisse ich dich und deinen Rat!" — Eine goldene
Kapsel mit ihrem Bilde trug er stets auf seinem Herzen, und diese ist auch
mit ihm in die Grust gesenkt worden. — Aber der Kurfürst stand nicht allein
in seinem Schmerze, sein ganzes Volk trauerte mit ihm. Die Armen hatten
ihre Wohlthäterin, alle ihre sorgende Mutter mit Luise Henriette verloren.
Luise hat auch als Dichterin geistlicher Lieder ein ruhmvolles An-
denken hinterlassen. Das schönste ist das nachstehende: