Full text: Handbuch für den Unterricht in der brandenburgisch-preußischen Geschichte

2 Die Rechnungen, die er als Prinz über sein Taschengeld führte, bezeugen seine 
Sparsamkeit. In denselben bezeichnete er auch die kleinsten Ausgaben; aber kein Pfennig 
wurde verschwendet. 
Schon als Kronprinz suchte er dem übermäßigen Luxus entgegenzuarbeiten. 
Einst wurde ihm ein mit goldenen Blumen besetzter seidener Schlafrock überbracht. Er 
betrachtete ihn von allen Seiten und sagte dann: „Ein guter Schlafrock muß von 
Wollenzeug sein; dieses Narrenkleid werde ich nicht anziehen," und damit warf er den 
kostbaren Schlafrock ins Feuer. — Zu seiner Zeit war die Mode aus Frankreich nach 
Deutschland gekommen, sich die natürlichen Haare abschneiden zu lassen und dafür große, 
ungemein lästige und kostspielige Perücken zu tragen, die bis auf die Schultern, ja selbst 
noch weit über den Rücken hinabreichten. Dem Kronprinzen war die Mode verhaßt. 
Er traf einmal im Vorzimmer des Königs mehrere Hosleute, die sich um die Flamme 
eines Kamins gesetzt hatten und ihre Häupter weit zurückbogen, damit ihre schönen 
Perücken nicht durch einen Feuerfunken beschädigt würden. Der Kronprinz setzte sich zu 
ihnen und unterhielt sich eine Zeitlang mit ihnen über die lächerlichen Modethorheiten, 
wobei ihm alle recht gaben. Da sprach er: „Es freut mich, meine Herren, daß Sie mit 
mir einverstanden sind! Wir wollen daher gleich den Anfang mit der Abschaffung einer 
lächerlichen Mode machen, die jährlich viel Geld gekostet hat." Daraus nahm er seine 
Perücke vom Kopfe und übergab sie den Flammen, indem er ausrief: „Ein Lump, der 
es mir nicht nachthut!" Die Herren waren wie vom Blitze getroffen; denn eine solche 
Perücke kostete 200 Thaler. Es blieb ihnen jedoch keine Wahl; denn sie sahen wohl ein, 
daß der Kronprinz keinen Scherz treibe, und wagten nicht, sein Mißfallen oder wohl 
gar seinen Zorn zu erregen. Einer nach dem andern nahm die Perücke von dem ge¬ 
schorenen Kopse und warf sie zögernd ins Feuer. 
3 Kaum war der neue König aus dem Sterbegemach seines Baters getreten, als 
er sich die Liste der Hofbeamten vorlegen ließ. Hastig durchflog er die große Reihe der 
Namen und durchstrich das Verzeichnis von oben bis unten. Viele, die früher eine 
Kutsche gehalten hatten, gingen jetzt zu Fuße, so daß es im Volke hieß, der König hätte 
den Lahmen die Beine wiedergegeben. Es wurden zwar viele Familien durch diese erste 
Regieruugsthat Friedrich Wilhelms brotlos, aber dem Lande war auch eiue sehr große 
Ausgabe erspart. 
4 Kaum war aber dieselbe beendigt, so legte der neue König die militärische 
Uniform an, setzte sich zu Pferde und begab sich zu den auf dem Schießplatz stehenden 
Truppen. Seitdem hat er den Soldatenrock immer getragen, außer bei feierlichen Ge- 
legenheiten, wo er im königlichen Schmuck erscheinen mußte. 
5 SSon 9 Psg. für eine Zitrone strich der König einst l Psg. ab. 
6 Die Gesellschaft des Tabakskollegiums bestand in der Regel aus sechs bis acht 
Personen, meistens Generalen und Stabsoffiziereil, doch mitunter wurden auch jüngere 
Offiziere, ja sogar hin und wieder Berliner Bürger, wenn sie sich durch besondere Dienste 
ausgezeichnet hatten, zum Tabakskollegium hinzugezogen. Auch reisende Fremde, Künstler 
und Gelehrte, wenn sie einen berühmten Namen besaßen, wurden von dem Könige 
dadurch geehrt, daß er ihnen eine Einladung zum Tabakskollegium zustellen ließ. 
Obgleich der König die Wissenschaften nicht liebte und die Gelehrten deshalb nicht gern 
hatte, so war er doch lernbegierig und benutzte auch diese Stunden, um seine Erfahrungen 
zu erweitern. 
Im Tabakskollegium galt das Rauchen als Gesetz, und recht starke Raucher waren 
dem Könige am willkommensten. So erwarb sich der vertriebene Polenkönig Stanislaus
	        
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