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Volk, das vom Niederrhein her allmählich seine Herrschast im heutigen
Frankreich ausbreitete. Nach germanischer Art waren sie tapsere Krieger:
mit offener Brust, nur vom Schilde gedeckt, griffen sie an; der Kampf
ward mit der zweischneidigen Streitaxt und dem mit Widerhaken besetzten
Wurfspieße ausgesuchten; die Feinde fürchteten ihre Treulosigkeit und
Grausamkeit. Noch waren sie Heiden; doch war ihnen wegen ihrer Be-
rührung mit den Römern der Christenglaube nicht unbekannt.
2) Der kraftvollste unter den Königen der Franken war Chlodwig
(d. i. Ludwig, seit 481). Dieser war ein tapferer Heerführer, aber
grausam gegen seine Feinde und selbst treulos gegen seine Freunde; seine
Gemahlin Clotilde, eine Königstochter der Burgunder aus christlichem
Geschlecht, zeigte ihm vergeblich die Herrlichkeit des Christentums. Voll
Ländergier warf Chlodwig darnieder, was noch von römischen Kriegern in
Gallien stand. In seinem Siegeszuge wurde er aufgehalten durch die Ala-
mannen, die ihre Herrschaft rheinabwärts ausgedehnt hatten. Als Chlod-
wig auch diese angriff, kam es zur blutigen Schlacht bei Zülpich (496).
Als der Sieg schwankte, rief Chlodwig im Angesicht seines Heeres: „Hilf
mir, Jesus Christus, den sie den Sohn Gottes nennen; ohnmächtig sind meine
Götter, die denen nicht helfen, die ihnen dienen. Wenn du mir in dieser Not
beistehst, will ich an dich glauben!" Da beseelte neuer Mut die Scharen der
Franken, der Herzog der Alamannen sank zum Tode getroffen, und der Sieg war
für Chlodwig entschieden. Damit war aber auch sein starrer Heidenglaube ge-
krochen. Am Weihnachtstage 496 ließ Chlodwig zu Reims in der hellerleuchteten,
von Weihrauch duftenden Kirche, mit weißen Kleidern angethan, sich taufen, und
3000 edle Franken mit ihm. Eine Taube brachte nach der Sage das Fläschchen
mit dem Salböl. „Betet an", rief ihm der Bischof Remigius zu, „was ihr bis-
her verbrannt habt, und verbrennet, was ihr angebetet habt."
3) Chlodwig hatte sich dem katholischen Glaubensbekenntnis zuge-
wendet. Das trieb ihn an, die im südwestlichen Gallien wohnenden
arianischen !) Westgoten mit Krieg zu überziehen. „Es ärgert mich", sprach
er, „daß diese Ketzer den schönsten Teil Galliens innehaben; laßt uns mit
Gottes Hilfe ausziehen und ihn in unsere Gewalt bringen". So besiegte
er die Westgoten in der Schlacht bei Vonlon [wnlöng] in der Nähe von
Poitiers [poatje] im Jahre 507. Auf diese Weise war ganz Gallien unter
Chlodwigs Herrschaft gekommen und er schlug nun seine Residenz zu
Paris auf. Hier starb er, noch in voller Manneskraft, im Jahre 511.
b. Die Hausmeier. 1) Die Stammmutter des fränkischen Königs-
Hauses hatte einst in einem Traumgesicht gesehen, wie unter ihren Nach-
kommen zuerst ein Löwe war, dann reißende Bären und Wölfe und zuletzt
spielende Hündlein. Wenn Chlodwig der Löwe gewesen war, so war auf
seine Söhne das Bild von den reißenden Büren und Wölfen anwendbar.
Sie waren eben so grausam und ländergierig wie ihr Vater; ja sie er-
hoben selbst, um ihre Herrschsucht zu befriedigen, oft genug das Schwert
gegen einander. So kamen in 40 Jahren sechs fränkische Könige durch
das Schwert oder durch Gift um. Die letzten Könige aus Chlodwigs
Geschlecht waren weniger grausam, aber auch weniger thatkräftig. Statt
i) Nach der Lehre des Arius, welcher Christus nur für gottähnlich,
nicht für gottgleich erklärte.