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Mit der Beschaffung von ausreichendem Wasser hatte man gewiß auf
den meisten Burgen viel Not; nur selten konnten wirkliche Brunnen ge¬
graben werden; das Wasser wurde zumeist in Cisternen gesammelt, daß es
bei Belagerungen nicht an genügendem Vorrat fehlte. Bei der Restauration
der Wartburg fand man eine solche Cisterne mit einem unteren Durchmesser
von 25 Fuß bei 35 Fuß Tiefe in den Felsen eingehauen. War es mög¬
lich, so wurde ein Ziehbrunnen angelegt, der dann in der Mitte des Burg¬
hofes, umgeben von Rasenplätzen und Lindenbäumen, seinen Standort hatte.
Die vereinsamte Lage der Burgen wurde ihren Inhabern jedenfalls
Veranlassung, in ihrer Besitzung Gebäude für gottesdienstliche Zwecke zu
schaffen; wenigstens auf den ansehnlicheren Burgen waren stets kleine
Kapellen zu finden. Konnte man für sie nicht besondre Gebäude errichten,
so waren sie oft über dem Haupttore oder im Palas oder in einem Turme
eingebaut; es sind dann kleine, überwölbte Räume, die oft nur durch ein
einziges hinter dem Altare liegendes Fenster ihr Licht erhielten. Bei großen
Burgen treten sie aber meist als selbständiges Gebäude auf, welches wie die
Kirchen von Ost nach West gerichtet und zuweilen durch einen überdeckten
Gang mit der Wohnung des Ritters verbunden ist. Diese Gebäude sind
dann zweistöckig und unter dem Namen Doppelkapellen bekannt. Das untere
Stockwerk ist gewöhnlich einfacher als das obere ausgestattet. Dieses war
wohl für die Herrschaft, jenes für die Dienerschaft bestimmt. Vielleicht
diente das untere Stockwerk auch zuweilen als Begräbnisstätte für die Herr¬
schaft. Der Burgkaplan, der auf der Burg mit wohnte, war eine wichtige
Person. Er, des Lesens oft allein kundig, besorgte alle schriftliche Arbeit,
hatte die Obhut über das Archiv und unterrichtete die Kinder des Burgherrn.
Eine besondere Art von mittelalterlichen Burganlagen waren die so¬
genannten Burgställe, kleine, nur auf kurze Verteidigung eingerichtete Burgen;
gewöhnlich besaßen sie nur eine Umfassungsmauer und in deren Mitte den
Bergfried, in welchem alle Räumlichkeiten vereinigt waren, die sich sonst in
verschiedenen Gebäuden zerstreut fanden.
Albert Richter.
(Bilder aus der deutschen Kulturgeschichte, I. Leipzig, F. Brandstetter.)
17. Line Belagerung im Mittelalter.
Da die Festungsmauern der Burgen und Städte im allgemeinen ein¬
ander gleich waren, gestaltete auch eine Belagerung sich im wesentlichen bei
beiden gleich. Nur war es natürlich, daß die Belagerung einer Stadt mehr
Krieger und Sturmzeug erforderte; das Bild einer belagerten Stadt war
darum ein unendlich viel lebendigeres.
Der Feind hat die Stadt umringt; die Zelte der Fürsten und Edeln
sind aufgeschlagen, und stolz flattern überall die vielfarbenen Banner. Der