Eine Wanderung durch die Stadt.
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wendelartig eine schiefe Ebene hinauf, und dort hat man einen köstlichen Blick in
die Landschaft, deren Wahrzeichen schon aus weiter Ferne die Kuppel der Frauen-
kirche ist. Unter der Kirche sind weitläufige Katakomben angelegt, die aber nicht
mehr, wie früher, zu Grabstätten benutzt werden. In ihnen setzte man die
Gebeine des Erbauers bei, als der Johannisfriedhof, auf dem er begraben
worden war, säkularisiert wurde. Von der Kuppel seiner Kirche prallten beim
Bombardement von 1760 die Bomben unwirksam ab; sie stand da, „von
Grund aus bis oben hinaus gleichsam nur ein einziger Stein", wie der Prediger
Am Ende in der ersten Predigt nach dem Bombardement treffend sagte.
Als ein nordwestliches Anhängsel des Neumarktes erscheint der Jüdenhos,
wo eine Brnnnenanlage mit einer Siegesgöttin geschmückt ist, unter welcher In-
schriften den Sieg Johann Georgs III.
über die Türken bei Wien im Jahre
1683 feiern. Eine große Freitreppe
führt vom Platze zum Museum
Johanneum (s. S. 301). Von hier
in die Angustusstraße uach dem Schloß-
platze zu einbiegend, gelangen wir zu
dem Fürstenzuge, eiuem Werke des
Historienmalers W. Walther aus deu
siebziger Jahren. Er nimmt die nach
der Straße gerichtete Wandfläche des
sogenannten Stallhofes ein und ist eine
als Teppich gedachte Verzierung in
Sgrafsitomalerei. In langem Zuge
siud hier Sachsens Fürsten aus dem
Hause Wettiu dargestellt, vou Konrad
dem Großen, der 1123 erblicher Mark-
graf von Meißen wurde, bis auf den
1873 verstorbenen König Johann und
dessen Söhne, den jetzigen König Albert
und den Prinzen Georg Sie sind zu
zwei und drei gruppiert, alle hoch zu
Roß, und ihnen zur Seite schreiten
alsdann die verschiedenen Edelleute uud
Pagen. Herolde und Spielleute eröffnen den stattlichen Zug, Vertreter des
Nähr-, Wehr- und Lehrstaudes schließen denselben. —
Wir sind nun wieder auf dem Schloßplatze. Ein schöner Quai führt vom
Anfange der Terrasse bis zur Albertsbrücke. Ein großartig angelegter Stadtteil
ist hier in der Umgebung des Sachsenplatzes im Entstehen begriffen. Ober-
halb der Albertsbrücke steht die 1882 vollendete Jägerkaserne, mit ihren vielen
pyramidenförmigen Türmchen ein Schmuck des Elbufers.
Die erst noch im Entstehen begriffene Johann st adt links liegen lassend,
begeben wir uns durch die ganze Pirnaische Vorstadt nach dem westlichen Ende der-
selben, wo auf dem Georgplatze vor dem neuen gotischen Gebäude des alten Kreuz-
gymnasiums das Denkmal Theodor Körners errichtet ist, eine Bronzestatue
von E. Hähnel. „Der jugendliche Held und Dichter ist kühn uud begeistert
Körner-Statue in Dresden. Von Ernst Hähnel.