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Aber auch Laster besaßen die alten Deutschen neben ihren Tugenden.
Sie tranken oft unmäßig und liebten das Würfelspiel. Oft verloren
sie in einer Nacht all ihr Hab und Gut. Dann setzten sie sich wohl
selbst als Preis ein. Wenn sie verloren, so wurden sie widerspruchslos
die Sklaven der Gewinner.
B. Vertiefung: Wenig Gesetze gab es bei den alten Deutschen,
aber viele guten Sitten und diese wurden ebenso gehalten wie Gesetze.
Sprecht über die Bedeutung eines Versprechens, eines Wortes! Wie
gefällt euch das? Erzählt von der Ehe! Gebt an, welches Gebot uns
die Heiligkeit der Ehe gebietet! Die Eheschließung erfolgte, indem Braut
und Bräutigam vor einem alten Manne ihres Dorfes in Gegenwart
von Zeugen erklärten, daß sie die Ehe miteinander eingehen wollten.
Man versammelte sich dazu auf dem Mahlplatze. Dieser Platz diente
öffentlichen Versammlungen und als Gerichtsstätte. Hier wurde nun
auf obige Weise die Vermählung vollzogen. Vermählung, die Ehe-
Schließung auf dem Mahlplatze. Erzählt von der Gastfreundschaft bei
den Germanen! Aus welchen Gründen fragte man den Fremdling nicht
nach Namen und Herkunft? (Es waren meistens Flüchtlinge, die nicht
gern an den Grund ihrer Flucht erinnert sein mochten.) Der Gast
stand unter dem Schutze seines Gastgebers. Was heißt das? (Wenn
er verfolgt werden sollte, so trat der Gastgeber für ihn ein und ließ
nicht zu, daß ihm ein Leid geschähe.) Sprecht über die Freiheitsliebe
der Germanen! Vergleiche mit der neueren Zeit! (Freiheitskriege
1813—15. Der Burenkampf.) Sprecht über die Freiheitsliebe der
Frauen! Was sind Laster? Nennt schlechte Leidenschaften der alten
Deutschen! Die Spielleidenschaft überwog sogar die Freiheitsliebe.
Inwiefern? Ein heutiges Sprichwort! (Karte und Kanne machen
manchen zum armen Manne. Die Karte ist des Teufels Gebetsbuch.)
Beurteilt die Eigenschaften der alten Deutschen! Welche gefallen euch?
welche nicht? Die Eigenschaften eines Mannes nennt man dessen Cha-
rakter. Wollt ihr noch etwas fragen?
C. Übung: Erzählt von den Charaktereigenschaften der
alten Deutschen!
Einprägung.
f) Die Jugenderziehung.
A. Darbietung: Nach der Geburt eines Knaben wurde dieser, als
Zeichen, daß sein Vater Macht über ihn habe, zu des Vaters Füßen
niedergelegt. Die Kinder wurden abgehärtet. Sie liefen fast nackt
umher. Der Knabe übte sich schon frühe in den Waffen und begleitete
dann seinen Vater zur Jagd. Bei den Volksfesten führte die männliche
Jugend verschiedene kriegerische Spiele vor. So tanzten sie z. B.
zwischen Schwertern, die mit der Spitze nach oben eingegraben waren.
Hatte der Jüngling ein bestimmtes Alter erreicht, so wurde er in einer
Volksversammlung für wehrhaft erklärt. Er erhielt hierbei in feierlicher