III. Die Zeit der Lehensherrschaft.
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mächtigen Grafen Otto von Nordheim schlössen sie den Kaiser in die
Harzburg ein. Nur mit genauer Not rettete sich dieser durch die Flucht.
Heinrich mußte nachgeben und die Burgen schleifen lassen; das war aber
den Sachsen nicht genug: sie rissen auch die Gebäude der Burg nieder,
brannten die Burgkapelle ab, entweihten gar die Totengruft und machten
alles dem Erdboden gleich. Da eilten die deutschen Fürsten dem Kaiser
zur Hülfe: mit einem starken Heere zogen sie den Sachsen entgegen und
schlugen sie in einer blutigen Schlacht bei Langensalza. Nun hatte
das Sachsenland arg zu leiden. Heinrich hielt die Fürsten, Grafen und
Bischöfe, die er als seine Gegner ansah, gefangen, verteilte ihre Lehen
an andere und ließ die zerstörten Burgen wieder aufbauen. In dieser
Not wandten sich die Sachsen an den Papst und baten um Schutz gegen
die Gewalt des Kaisers.
4. Papst Gregor VII. Zu dieser Zeit war Gregor VII. Papst in Rom. Vom
einfachen Mönche hatte er sich emporgearbeitet bis zum Papst. Er war ein gelehrter
Mann, streng von Sitten und unbeugsam in seinem Willen. Er wollte die Kirche von
aller weltlichen Macht unabhängig machen. Daher verbot er streng die Simonie,
d. i. den Verkauf geistlicher Ämter, wodurch die weltlichen Machthaber oft unwissende
und nichtgeistliche Menschen in den Kirchendienst gebracht hatten; auch sollte kein Fürst
mehr bei Strafe des Bannes die Investitur ausüben, d. h. einen Bischof oder Abt
durch Überreichung von Ring und Stab in sein geistliches Amt einsetzen dürfen.
Sodann verschärfte er das Verbot der Priest er ehe; wer von den Priestern ver-
heiratet war, sollte Weib und Kind entlassen, oder sein Amt niederlegen. Endlich
erklärte er: „Wie der Mond sein Licht von der Sonne hat, so sind Kaiser und Könige
und Fürsten nur durch den Papst, weil dieser durch Gott ist; also ist der Kaiser dem
Papste unterthan und ihm Gehorsam schuldig. Der Papst ist der Statthalter Christi
auf Erden und kann Kaiser, Könige und Fürsten ab- und einsetzen nach seinem Ge-
fallen." Das war der Mann, bei dem die Sachsen den Kaiser verklagten.
5. Kaiser und Papst im Streit. Papst Gregor hatte bereits
mehrere deutsche Bischöfe, die ihr Amt vom Kaiser gekaitst hatten, ab¬
gesetzt und mehrere kaiserliche Beamte, die dabei beteiligt waren, in den
Bann gethan. Da der Kaiser sich jener Bischöfe annahm, so benutzte
der Papst die Klage der Sachsen als eine erwünschte Gelegenheit, um
von dem Kaiser Rechenschaft zu fordern. In Goslar erschienen die Ge-
sandten des Papstes und verlangten, der Kaiser solle binnen 60 Tagen
nach Rom kommen und sich vor dem Papste verantworten. Da berief
Heinrich die deutschen Bischöfe nach Worms und ließ den Papst für
abgesetzt erklären. Der Papst aber sprach über den Kaiser den Bann-
fluch aus und entband alle seine Unterthanen vom Eide der Treue.
Anfangs lachte der Kaiser darüber. Als aber seine Feinde offen gegen
ihn auftraten, seine Freunde ihn verließen und die Fürsten drohten,
einen anderen Kaiser wählen zu wollen, wenn er sich nicht binnen
Jahresfrist mit dem Papste versöhne, da verlor Heinrich den Mut, und
er entschloß sich, nach Italien zu reisen, um mit dem Papste Frieden
zu machen.
Canossa. 1077. Im Winter des Jahres 1077 trat Heinrich mit seiner Gemahlin
Bertha und seinem Söhnlein die Pilgerfahrt an. Nur ein kleines Gefolge begleitete
ihn. Nach vielen Beschwerden wurde die Höhe der Alpen auf gefährlichen Pfaden
erreicht. Aber noch größere Mühseligkeiten und Gefahren standen beim Abstieg bevor.
Die Männer krochen an den abschüssigen Stellen auf Händen und Füßen; die Frauen
wurden in Ochsenhäute gewickelt und an Seilen hinabgelassen. An den gefährlichsten