Die ostfränk. (deutschen) Karolinger. Ausbildung der Stammesherzogtümer. 75
Arnulf kehrte als siecher Mann 896 aus Italien zurück, genas nicht
wieder und starb am 8. Dezember zu Öttingen, in Sorgen um das Reich,
.dem nicht nur äußere Feinde drohten, sondern dessen Große keine Gewähr
für seine Erhaltung boten. Sie hatten zwar 894 den jüngsten Sohn Arnulfs,
den einzigen aus rechtmäßiger Ehe, als künftigen König gewählt, aber kurz
vor dem Ende des Kaisers dessen Gattin des Ehebruchs angeklagt, offenbar
in der tückischen Absicht, die Berechtigung Ludwigs zur Erbfolge zu bestreiten.
Die schändliche Anklage, bei welcher vielleicht der Bastard Zwentibold,
dem Arnulf Lothringen als Herzogtum übergeben, seine Hand im Spiel hatte,
mißglückte. Zwentibold machte Ansprüche auf die Krone des Reiches, starb
aber im August 900.
Gestützt von der Geistlichkeit, bestieg Ludwig III., nochmals zu Förch-
heim gewählt, den Thron (900—911). Der erste gekrönte deutsche König
war ein Kind von 6 Jahren, an dessen Statt der kräftige, von der Sage
verunglimpfte Erzbischos Hatto I. von Mainz. her edle Bischof Adalbert
von Augsburg und der Herzog Otto von Sachsen regierten. Den innern
Frieden vermochten sie nicht herzustellen. Besonders befehdeten sich in Franken
die Geschlechter derKonradiner oder Rotenburger und der Babenberg er,
deren letzten, Adalbert, Hatto — nach der Sage wortbrüchigerweise — vor seiner
Burg Theres a. M. enthaupten ließ. Die Sage vom Mäuseturm (— Mus¬
turm, Wartturm, von musen — spähen) wird erst seit dem 14. Jahrhundert
auf Hatto bezogen; es ist eine sogen. Wanderanekdote. Den klugen Salo-
mon III. von Konstanz verwickelte seine Herrschsucht in erbitterte Kämpfe
mit dem schwäbischen Adel.
Die herrschenden Unruhen ermunterten die wilden Ungarn zu schreck-
lichen Raubzügen nach Deutschland. Italien hatte die entsetzlichen Reiter-
scharen schon 899 kennen gelernt. Im Jahre 901 brachen sie durch die
Ostmark in Bayern ein; Mähren kam in ihre Gewalt. Durch Böhmen,
das Land der Daleminzier, suchten sie 906 Sachsen heim und schleppten
viele Beute mit. Im folgenden Jahre überschwemmten sie die Ostmark und
Bayern abermals und plünderten sie aus; Dörfer. Klöster, Kirchen gingen
in Flammen auf; die Männer wurden niedergemacht oder mit Riemen, Mädchen
und Weiber mit den Haaren truppweise zusammengebunden und unter Peitschen-
hieben in die Sklaverei getrieben, die ganze Ostmark in eine Wüste ver¬
wandelt. Da rückte im Sommer ein starkes süddeutsches Heer unter dem
„Kinde" gegen die Wüteriche in drei Haufen: der eine unter dem Bayernherzog
Luitpold auf dem nördlichen Donauufer, der zweite unter Erzbischos Dietmar
von Salzburg auf dem südlichen, der dritte fuhr auf Schiffen die Donau
hinab. Am 8. August vernichteten unweit des Einflusses der March die
Ungarn Dietmars Heerhaufen, setzten nachts über den Strom und erschlugen