120 Zeitalter der Glaubensspaltung (Reformation). Religionskriege.
einer Synode zu Sandomir zu einem gemeinschaftlichen Glaubensbekenntnisse
und erhielten durch den ewigen Religionsfrieden von 1573 gleiche bürgerliche
Rechte mit den Katholiken, denen aber das Kirchengut verblieb. Allmählich
traten die meisten Dissidenten, namentlich die vornehmeren Standes, zu der
katholischen Kirche zurück; die übrigen haderten untereinander über die Aus-
legung des mehrdeutigen Sandomirer Glaubensbekenntnisses und brachten sich
dadurch um ihr Ansehen im Reiche.
B. Deutschland bis zum Dreißigjährigen Kriege (1555—1618).
Als die Versuche Karls V., die Einheit der Kirche und der deutschen
Nation wiederherzustellen, gescheitert waren, vermittelte sein Bruder F er-
din and I. (1556—1564) den Frieden mit den protestierenden Ständen
und wirkte auch als Nachfolger Karls auf dem Kaiserthrone in dem gleichen
versöhnlichen Sinne, wenngleich er mit Bayern ein Bündnis zur Sicher-
stellung des Katholizismus einging. In seinen eigenen Ländern breitete sich
der Protestantismus mehr und mehr aus. Darum kam es vor allem darauf
an, die Zucht unter dem katholischen Klerus wieder zu begründen. Auf
Ansuchen Ferdinands arbeitete Petrus Canisius (geb. 1521, f 1597) seinen
Katechismus aus, der zur Bildung der katholischen Jugend in derselben Weise
wirkte wie der Lutherische auf der andern Seite. Die Artikel des Religions-
friedens hielt Ferdinand gewissenhaft, während die Protestanten das reser-
vatum ecclesiasticum als ein Hemmnis für die Ausbreitung ihres Be-
kenntnisses mehrfach verletzten. Die protestantischen Theologen konnten sich
über eine gemeinsame Glaubenslehre nicht einigen und stritten heftig mit-
einander über die Gnadenwahl, über die Erbsünde, das Abendmahl u. s. w.
Melanchthon wurde des Kryptocalvinismns (des heimlichen calvinistischen
Bekenntnisses) verdächtigt, der sächsische Kanzler Krell unter dem minder-
jährigen Christian II. (1591—1611) aus demselben Grunde zehn Jahre im
Kerker gehalten, dann enthauptet (1601). Erst im Jahre 1580 kam das
Konkordienwerk (aufgestellt 1577) zu stände, welches aber nicht alle
protestantischen Stände unterzeichneten. In diesem wurde entschieden, daß das
Evangelium allein Seligkeit schaffe, die Predigt des alten Gesetzes aber förderlich
sei zur Zucht, Belehrung und Abhaltung von Sünde; gute Werke folgen
aus dem Glauben, sind aber nicht notwendig zur Seligkeit; der Leib Christi
ist allgegenwärtig u. s. w.; schließlich wird die Lehre Calvins verworfen. Mit
dieser Konkordienformel wurde die Zahl der symbolischen Bücher der Protestanten
vervollständigt; sie ist gewissermaßen das protestantische Tridentinum.
Als Ferdinand I. (25. Juli 1564) starb, wies er in seinem Testamente
auf die Früchte der Reformation und besonders auf jenen innern Zwiespalt