Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

162 Zeitalter der Glaubensspaltung (Reformation). Religionskriege. 
kein Alter verschonte. Tausende fielen diesem Aberglauben zum Opfer. Kaum 
durften erleuchtete Männer, wie der Arzt Johannes Weyer von Kleve, die 
katholischen Theologen Cornelius Loos und der edle Jesuit Friedrich von 
Spee (t 1631) ihre Stimmen zur Verteidigung der Beklagten erheben, da 
diese allein schon der Mitschuld verdächtig machte. Auf protestantischer Seite 
bekämpfte gegen Ende des 17. Jahrhunderts der Professor Christian Tho- 
masius zu Halle den üblichen Prozeßgang. Derselbe war einer der ersten 
Gelehrten, welche die Vorlesungen in deutscher Sprache hielten, und gab in 
dieser auch eine wissenschaftliche Zeitschrift heraus. Scharf wandte er sich 
gegen die Nachahmung der Franzosen; nur empfahl er, deren gutes 
Beispiel in der Pflege der Muttersprache zu befolgen. 
Das stolze deutsche Volk war zum elendesten in ganz Europa geworden. 
Seine Ehrbarkeit und seine Ehre waren fast dahin. Einst zeichneten sich die 
Deutschen durch Nationalgefühl aus; jetzt durch empörenden Mangel 
an aller nationalen Gesinnung. Dem Kunterbunt der Soldateska ent- 
sprach der ungeheuerliche Mischmasch der fremden Wörter in der deutschen 
Sprache. Obwohl sie von den übermütigen Franzosen ausgezogen, mißhandelt 
und obendrein verhöhnt wurden, überwucherte doch das lächerliche welsche Gecken- 
tum wie ein saftraubender Schmarotzer oder eine lebenerstickende Schling- 
pflanze deutsche Tracht und Sitte, deutsche Kunst und Poesie, deutsches Denken 
und Reden und verdarb den gesunden Geschmack. So schmachvoll hat sich 
noch kein Volk den Fremdlingen preisgegeben als das deutsche seit dem 
Dreißigjährigen Kriege. Keine Mißhandlung, womit französischer Übermut 
und französische Raubsucht Deutschland bald danach wieder heimsuchte, ver- 
mochte in dem bethörten Gemüte die Affenliebe zum Franzofentum zu ertöten. 
Alles Klagen ehrlich deutsch gesinnter Dichter, wie Friedrichs von Logau, 
Johann Laurembergs, Moscheroschs u. a., aller Spott und Hohn gegen 
die Ausländerei half nichts, auch die Bemühungen der Sprach gesell- 
schaften blieben ohne Erfolg. Die Franzosen herrschten an den Höfen wie 
in den Bürgerhäusern. Das ä la mode-Wesen griff in der Zeit Lud- 
wigs XIV. gleich einer Seuche noch mehr um sich, der sichtbare Ausdruck 
des Übergewichts, welches Frankreich über Deutschland errungen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.