Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

14 Zeitalter der Glaubensspaltung (Reformation). Religionskriege. 
erhebt; dennoch stand er unter den Fürsten seiner Zeit als der ehrlichste, 
wohlwollendste, hochsinnigste da und überragte sie, wie ein mächtiger Stamm 
das Gesträuch. Wie Karl der Große arbeitete er für die Ausdehnung seiner 
Herrschaft, aber er gründete dieselbe auf die Größe der Nationen. 
Sein Bruder Ferdinand, 1503 zu Alcala geboren und in Spanien 
erzogen, wurde von Maximilian 1513 mit Anna, der Tochter des Königs 
Ladislaus und Schwester des Königs Ludwig von Ungarn und Böhmen, 
vermählt; diese Heirat brachte nach dem frühen Tode Ludwigs zwei Kronen 
an das Haus Habsburg (1526). 
Karls mütterlicher Großvater Ferdinand von Aragonien starb 1516. 
Über dieses Königreich war Alfons, Erzbischof von Saragossa, Statthalter; 
Kastilien und Leon regierte Kardinal Ximenes (Jimenes), Erzbischof von 
Toledo, Ordensgeneral der Minoriten, Großinquisitor, Staats- und Kriegs- 
mann, Gelehrter und Heiliger, der großen Jsabella Beichtvater und Rat. Er 
beugte die Grandes, den hohen Adel, der — wie Ximenes mit Recht sagte — 
die Regierung verachtete, Willkür aller Art übte und nur durch Strenge in 
Ordnung gehalten werden konnte. Er schuf für Spanien ein Heer und eine 
Flotte, besiegte die Mauren in Afrika und eroberte Oran. Als Karl 1517 
nach Spanien kam. ließ er, durch seine niederländischen und burgundischen 
Räte verleitet, dem kranken Greise entbieten: wenn es seine Gesundheit er- 
laube, möge er nach Moxadas bei Segovia kommen, dann nach Hause zurück- 
kehren und ausruhen; seine großen Verdienste könne nur Gott belohnen. Der 
Tod überhob den Gekränkten weitern Undanks (8. Dezember 1517). 
Der Einfluß, welchen Karl seinen Beratern einräumte, ärgerte die Spanier, 
diese stolze, auf ihre Unabhängigkeit so eifersüchtige Nation. Nur mit Wider¬ 
streben ließen sie ihn, als ihn die deutschen Kurfürsten wählten, ziehen. Aber 
wenn er nicht zusehen wollte, wie Frankreich in Europa zur Übermacht ge- 
langte, Deutschland seiner Grenzprovinzen beraubte, wenn er nicht die öfter- 
reichischen Erblande der Rebellion, den Türken und Venetianern überlassen 
wollte, dann mußte er zu seinen 25 Kronen auch die deutsche fügen, die ihm 
wahrlich nichts eintrug als Dornen. Schon während seines kurzen Auf- 
entHaltes in Spanien machte sich die Unzufriedenheit des Volkes über die 
Fremdherrschaft und verschiedene Mißstände in Unruhen bemerklich. Der König 
mußte Valladolid verlassen und schiffte sich am 20. Mai 1520 ein, um sich 
über England, dessen allmächtiger Minister, der ehrgeizige Kardinal Wolsey, 
mit Spanien und Frankreich eine zweideutige Friedenspolitik trieb, nach 
Deutschland zu begeben. Seine Abreise war das Signal zur Revolution. 
Bisher hatten die spanischen Städte von den Königen viele Freiheiten 
erhalten, und mit ihrer Hilfe war es gelungen, die Eigenmächtigkeit des 
Adels zu brechen. Nun erhob sich die städtische Gemeinde, comunidad,
	        
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