Full text: Vaterländische Geschichte

feierlichen Einweihung desselben bei. — Das preußische Schulwesen 
stieg zu solcher Höhe und Blüte, daß kein Land der Welt so gute Schulen 
aufzuweisen hat. Weil Kaiser Wilhelm die Kinder so lieb hatte, darum 
sorgte er gern für sie. Vom 6. bis zum 14. Lebensjahre sind alle Kinder 
zum Schulbesuche verpflichtet. Verwaiste Kinder werden in Waisenhäusern, 
verwahrloste m RettungsHäusern erzogen. Auch für die Ärmsten der 
Armen, für Blinde, Taubstumme und Schwachsinnige, sind be¬ 
sondere Anstalten errichtet. 
8. Seine Lebensweise und sein Lebensende. „Das Wichtigste 
bei der Erziehung," sagte Kaiser Wilhelm, „ist die Religion!" Er 
selbst war von tiefer Religiosität durchdrungen. Kindlicher 
Glaube an Gott, den Lenker der Welt, beseelte ihn. Alle großen 
Erfolge seines Lebens schrieb er demütig Gottes Fügung zu; das 
zeigen so schön seine Worte nach dem letzten Kriege: „Gott war 
mit uns! Ihm sei die Ehre!" In seiner Herzensgüte 
fühlte er sich nur dann glücklich, wenn er sein Volk glücklich sah. 
Strenge Sparsamkeit zierte ihn während des ganzen, langen 
Lebens. Durch Leutseligkeit und Freundlichkeit gewann 
er die Liebe der Unterthanen in solchem Maße, wie sie selten ein 
Fürst besessen hat. Große Nachsicht und Milde zeigte er auch 
gegen den geringsten seiner Diener. An seiner strengen Ge¬ 
wissenhaftigkeit und Pflichttreue kann sich jeder ein Beispiel 
nehmen. Sogar auf dem Sterbebette beschäftigte ihn noch das 
Glück seines Volkes. Als ihn seine Tochter bat, er möge die 
schwachen Kräfte schonen, gab er die schöne Antwort: „Ich habe 
keine Zeit, müde zu sein!" 
Kaiser Wilhelm war es vergönnt, den 90. Geburtstag in voller 
Frische des Geistes und Körpers zu feiern. Mit hoher Begeisterung 
jauchzte das ganze deutsche Volk an diesem Tage seinem unver¬ 
gleichlichen Kaiser zu. An ihm, der das Andenken an seine Mutter 
Luise mit inniger Liebe bewahrte, ging die Verheißung des 4. Ge¬ 
botes in Erfüllung, „daß es dir wohlgehe und du lange lebest auf 
Erden." Da traf ihn am Abend feines Lebens ein sehr harter 
Schlag. Sein einziger, teurer Sohn, der Kronprinz, erkrankte an 
einem tückischen Kehlkopfleiden und suchte vergeblich Heilung; die 
Hoffnung auf Genefung schwand immer mehr. Das brach die 
letzte Kraft des greifen Kaisers. Am 9. März 1888 ent¬ 
schlummerte Kaiser Wilhelm still und sanft. Seine 
irdischen Überreste ruhen in Charlottenburg neben seinen Eltern. 
Kaiser Wilhelm tot! Der Stolz der deutschen Nation, 
die er unter den Völkern der Erde erhöht hat, war 
nicht mehr; aber sein Andenken wird nie erlöschen, 
„So lang vom Berg zum Meere 
Durch Deutschland fließt der Rhein, 
Wird Kaiser Wilhelms Name 
D-m Deutschen heilig sein."
	        
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