— 61 —
Im 15. Jahrhundert aber nahm die Macht des Ordens ab. Innerhalb
des Ordens änderte sich manches' die Sittenstrenge ließ nach, die Ritter er¬
gaben sich vielfach dem Müßiggänge und der Üppigkeit, sodaß sich im Munde
des Volkes der Spottreim bildete:
„Kleider aus und Kleider an,
Essen, trinken, schlafen gar
Ist die Arbeit, so die deutschen Herren Han."
Da die Litauer endlich das Christentum angenommen hatten, war es mit den
Kriegsfahrten vorbei, und der Zufluß an neuen Ordensmitgliedern wurde
gering. Die Polen aber waren längst begierig auf die reichen Handelsstädte
und fruchtbaren Landstriche Preußens. Es häuften sich im Verein mit den
Litauern ihre räuberischen Einfälle, und im Jahre 1410 erlitten die Ordens¬
ritter in der Schlacht bei Tannenberg eine gewaltige Niederlage. Um
größere Selbständigkeit zu erlangen, traten nun auch die Handelsstädte in
offenen Gegensatz zu dem Orden und gründeten eine Vereinigung, der eben¬
falls der landfäfsige Adel beitrat. Nun ging der Orden unaufhaltsam seinem
Verfalle entgegen. In neuen Feindseligkeiten mit Polen stritten die Ordens¬
ritter noch jahrelang mit letzter Kraft. Dann kam es 1466 zum „ewigen
Frieden zu Thorn", in welchem der Orden Westpreußen nebst der herr¬
lichen Marienburg an Polen abtreten mußte und Ostpreußen mit der Haupt¬
stadt Königsberg nur noch als polnisches Lehen behielt.
Im 16. Jahrhundert wählte der deutsche Orden, um seine Macht zu
heben, den hohenzollernschen Fürsten Albrecht zum Hochmeister. Dieser
trat mit einem Teile der Ordensbrüder zum protestantischen Glauben über
und verwandelte 1525 das Ordensland in ein weltliches Herzogtum.
Albrecht suchte dem durch so viele Kriege verarmten Lande möglichst aufzu¬
helfen; auch stiftete er die Universität Königsberg, die 1544 eröffnet
wurde. Sem Vetter war Joachim II. von Brandenburg, der 1569, wie bereits
erzählt, die Mitbelehnung über Preußen erreichte. Der Rest der Ordensritter
wählte ein neues Oberhaupt und verlegte seinen Hauptsitz nach Mergent¬
heim in Schwaben; dort ist der einst so mächtige Orden der Vergessenheit
anheimgefallen.
Georg Wilhelm. 1619—1640.
In schwerer Zeit kam Georg Wilhelm zur Regierung; der 30jährige
Krieg wütete in Deutschland. Schon im Anfang des Krieges hatte
Brandenburg schrecklich zu leiden. Der Kurfürst konnte sich weder für die
Partei des Kaisers, noch für die Partei der protestantischen Fürsten entscheiden.
Die geschlagenen Heereshaufen sowohl als. die verfolgenden Sieger nahmen
ihren Weg mitten durch die Mark. Unerschwingliche Abgaben wurden den
Bewohnern auferlegt. Wenige Jahre nach Gustav Adolfs Tode schloß Georg
Wilhelm mit dem Kaiser Frieden. Nun zogen die Kaiserlichen ungehindert
durch die Marken; die Schweden fielen über das Land her, um diese Ab¬
trünnigkeit zn rächen und hausten gleich Unmenschen. Überall herrschte mv
sagliches Elend und Verheerung. Der Anblick aller Greuelthateu und alles
Jammers machte die Bewohner ganz stumpfsinnig. An sich selbst und an
seinem Lande verzweifelnd, zog der Kurfürst sich nach Preußen zurück, das
von den Schrecknissen des Krieges verscyont geblieben war. Hier starb er im
Jahre 1640. Zum Glücke für Brandenburg folgte auf den
schwachen Vater ein ausgezeichneter Sohn.
HI. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst. 1640—1688.
1. Jugend. Friedrich Wilhelm, den die Nachwelt „den großen
Kurfürsten" nennt, wurde unter den Donnern des 30jährigen
Froning und Wewer, Vaterl. Geschichte. A 2. 5