Aus der orientalischen Geschichte. 33
der Meder, seine einzige Tochter Mondäne, nicht einem Bieder, sondern einem
Edlen der abhängigen Perser zur Gemahlin. Als diese den Knaben Cyrus
gebar, befahl Astyages, durch einen neuen Traum erschreckt, seinem Vertrauten
Harpagus, ihn zu töten. Harpagus beauftragte einen Rinderhirten, das
Kind auszusetzen. Dessen Frau aber rettete es aus Mitleid und erzog es wie
ihr eigenes. Bei einem Spiele schlug der junge Cyrus den Sohn eines vor-
nehmen Metiers. Vor den König geführt, wurde er von diesem erkannt. Astyages
nahm an Harpagus grausame Rache, indem er ihm sein eigenes Kind als Speise
vorsetzte, ließ aber den Cyrus am Leben. Dieser wuchs nun zu einem stattlichen
Jüngling heran, erfüllte die streitbaren Perser mit Haß gegen die Herrschast der
verweichlichten Meder, stellte sich an die Spitze ihres Heeres und er- 559
oberte nach und nach ganz Vorderafien.
2. Seine Eroberungen. Zunächst besiegte er den Astyages und unter-
warf die Meder seiner Herrschaft. Nachdem er darauf die Bewohner des öst-
lichen Irans unter fein Zepter gebeugt, zog er gegen den König Krösus
von Lydien. Dieser wandte sich an das Orakel zu Delphi, welches er durch
die kostbarsten Geschenke zu gewinnen suchte. Er erhielt zur Antwort: „Wenn
Krösus über den Halys geht, wird er ein großes Reich zerstören." Krösus ver¬
stand darunter das Reich seines Gegners, überschritt den Halys, wurde besiegt
und entthront. Die Sage berichtet, er habe, von Cyrus zum Feuertode verurteilt,
im letzten Augenblick dreimal den Namen „Solo«" ausgerufen; dann habe er
auf B-fehl des Perserkönigs die Unterredung mit dem athenischen Weisen (S. 28)
erzählt und fei begnadigt worden. Die kleinasiatischen Griechen kamen
bald ebenfalls unter persische Botmäßigkeit. Sie mußten fortan nicht nur Tribut
zahlen, sondern auch Heeresfolge leisten. Etwaige Befteiungsgelüste wurden durch
die in den Städten eingesetzten Tyrannen niedergehalten. — Auch dem neu-
babylonischen Reiche machte Cyrus ein Ende. Während die arglosen
Bewohner der Riesenfestung Babylon rauschende Feste feierten, leitete er die
Wasser des Euphrats ab und ließ seine Soldaten durch das trockengelegte
Bett des Flusses einrücken (539); den gefangenen Juden wurde die Rück-
kehr in die Heimat gestattet. — Zuletzt unternahm er einen Zug gegen
die im Norden wohnenden räuberischen Scythen (im heutigen Südruß-
land), welche durch stete Einfälle das Reich beunruhigten. In diesem Kriege
sand er den Tod. Seine Leiche wurde in der noch erhaltenen Grabkammer
zu Pasargädä beigesetzt. Die einfache Inschrift lautet: „Ich bin König
Cyrus, der Achämenide."1
c) Kambyses, der Eroberer Ägyptens (529—521).
Aus den Cyrus folgte sein Sohn Kambyses. Die bedeutendste Tat seiner
Regierung ist die Eroberung Ägyptens.
Er besiegte das ägyptische Heer gleich an der Grenze des Landes bei Pelu- 525
Hum und machte das Pharaonenreich zu einer persischen Provinz. Anfangs
behandelte er die Bewohner mit Schonung und gestattete ihnen freie Ausübung
ihrer Religion, obwohl ber ägyptische Tierdienst auf einen Perser abstoßend wirken
1 Achämenes war der Stammvater der persischen Könige.
Mertens-Bender, Alte Geschichte. Ausg. A. 19. u. 20. Aufl. 8