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Dienstzeit im stehenden Heere dauert zwei oder auch drei Jahre. Junge
Leute, welche eine bestimmte Bildung nachweisen können, brauchen nur
ein Jahr zu dienen, müssen sich aber wahrend der Dienstzeit auf eigene
Kosten kleiden und ernähren. Sie heißen Einjährig-Freiwillige.
Die Wehrpflicht dauert sür jeden Deutschen vom 17. bis zum
45. Lebensjahre. Sie zerfällt in die Dienstpflicht und die Landsturm¬
pflicht. Die Dienstpflicht beginnt mit dem vollendeten 20. Lebensjahre
und dauert bis zum 39. Lebensjahre. Sie umfaßt den Dienst a) im
stehenden Heere (zwei bis drei Jahre), b) in der Reserve (fünf Jahre),
c) in der Landwehr (bis zum 39. Jahre). In Fällen dringender Not
kann auch der Landsturm aufgeboten werden, dem dann alle nicht
zum eigentlichen Heere gehörenden Deutschen vom 17. bis zum 45. Lebens¬
jahre angehören.
Die Kriegsflotte oder Marine besteht aus einer Anzahl von Schiffen
und ihrer Bemannung. Sie hat die Aufgabe, den Handel zu schützen,
unsere Küsten zu verteidigen, die deutschen Kolonieen und die Reichs¬
angehörigen in fremden Ländern zu schützen. Die Flotte steht unter
dem alleinigen Oberbefehl des Kaisers.
Die aktive Dienstpflicht dauert drei Jahre, die Reservezeit fünf
Jahre, die Seewehr bis zum 39. Jahre. Kriegshäfen sind Kiel und
Wilhelmshaven. Die Flagge der Kriegsflotte ist weiß mit einem
schwarzen Kreuz und hat in der Mitte den preußischen Adler; die Flagge
der Handelsflotte ist schwarz-weiß-rot.
2. Die auswärtigen Angelegenheiten, d. h. unsere Beziehungen
zu den anderen Staaten. Zu diesem Zwecke hat das Reich in den
fremden Ländern besondere Beamte, welche mit den Regierungen der¬
selben in Verbindung stehen (Botschafter, Gesandte, Konsuln).
3. Die inneren Angelegenheiten, Gewerbebetrieb, Auswan¬
derung, Arbeiterversicherung, Verkehrs- und Erwerbsleben. Das Deutsche
Reich hat eine einheitliche Maß-, Münz- und Gewichtsordnung (Dezimal¬
system). Alle Maße und Gewichte, die im Handel verwendet werden,
müssen, um Betrügereien zu verhindern, amtlich gestempelt (geeicht)
werden.
4. Das Rechts wesen. Alle Bürger sind vor dem Gesetze gleich.
Die Rechtsprechung geschieht durch die Gerichte; die Verhandlungen sind
öffentlich und mündlich. Die Gerichte zerfallen in Amtsgerichte (für
Städte und Kreise), Landgerichte (sür mehrere Kreise), Oberlandes¬
gerichte (für Provinzen) und das Reichsgericht in Leipzig (für das
ganze Reich). Das Oberlandesgericht zu Berlin heißt Kammergericht.
Für die Militärpersonen und für den Fall eines Krieges bestehen noch
besondere Kriegsgerichte. Außerdem giebt es in jedem Amtsgerichts¬
bezirke noch Schiedsämter, welche bei einfachen persönlichen Be¬
leidigungen angerufen werden müssen. Bei Strafsachen entscheiden in
leichteren Fällen die bei den Amtsgerichten gebildeten Schöffen-