Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen des Regierungsbezirks Düsseldorf

Die Zeit der Söhne Friedrich Rotbarts. 
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§ 80. Die Zeit der Söhne Friedrich Rotbarts. 
1. Heinrich VI., 1190—1197. Als Kaiser Rotbart mit dem frommen 
Heere gen Osten zog, übergab er die Regierung seinem schon als Nach- 
folger anerkannten ältesten Sohne. Der junge Heinrich, ein geborner 
Herrscher und zugleich ein Minnesänger, hatte alsbald gegen Empörungen 
im Norden und im Süden zu kämpfen. Heinrich der Löwe, der in die 
Verbannung hatte gehen müssen, kehrte nach dem Abzüge des Kaisers 
eigenmächtig und eidbrüchig zurück, um sein Herzogtum wieder aufzurichten. 
Er begann seine Tätigkeit damit, daß er sich an der uralten, blühenden 
Handelsstadt Bardo Wiek (in der Nähe von Lüneburg) rächte, die sich 
1180 aus Neid gegen das vom Sachsenherzog begünstigte Lübeck auf die 
Seite seiner Gegner gestellt hatte. Bardowiek ward bis auf den Dom 
zerstört*). Der Reichsregent sah sich dadurch zu einem Feldzuge gegen 
Heinrich den Löwen veranlaßt, schloß aber bald einen Vergleich mit ihm, 
um sich erst das Normannenreich in Unteritalien, das Erbe seiner 
Gemahlin, zu sichern. Denn in demselben Jahre (1189) war sein Schwieger¬ 
vater gestorben, und die normannischen Großen, die früher Heinrichs 
Thronfolge anerkannt hatten, stellten jetzt einen Gegenkönig auf. Heinrichs 
erster Einmarsch in das umstrittene Land hatte keinen Erfolg, weil eine 
in seinem Heere vor Neapel ausbrechende Pest ihn zur Umkehr nötigte. 
Inzwischen einigten sich in Deutschland alle Feinde einer starken Reichs- 
gewalt zu einer Verschwörung unter der Führung des alten Löwen von 
Braunschweig. Sie hofften auf tatkräftige Unterstützung von dessen Schwager 
Richard Löwenherz, der auf der Heimkehr vom Heiligen Lande (1192), 
um nicht im westlichen Mittelmeer den Franzosen in die Hände zu fallen, 
seinen Weg durch das Adriatische Meer nahm und, nachdem er an der 
Nordküste Schiffbruch gelitten, verkleidet mit wenigen Begleitern sich nach 
Norddeutschland durchschlagen wollte. Er wurde aber in der Nähe von 
Wien erkannt und von Herzog Leopold dem Kaiser ausgeliefert. Das 
Ereignis rief unter den Verschworenen eine verhängnisvolle Bestürzung 
hervor; einer nach dem andern fiel ab, und mit Heinrich dem Löwen föhnte 
sich der Kaiser aus. Der englische König erhielt nach einjähriger Gefangen- 
schaft auf Schloß Trifels in der Pfalz gegen ein hohes Lösegeld seine 
Freiheit. 
Als der Kaiser dann wieder in Italien erschien, trat ihm kein ernst- 
licher Widerstand mehr entgegen. Er ließ sich in Palermo zum König 
krönen, nahm die Hauptgegner gefangen und bestrafte sie, weil die Furcht 
ein gutes Zuchtmittel war, mit erbarmungsloser Härte. Nach Deutschland 
zurückgekehrt, trat er auf Reichstagen mit dem Plane hervor, die Krone 
*) Noch heute erinnert daran eine Inschrift an dem (umgebauten) Dom: „Vestigium 
leonis (die Spur des Löwen)."
	        
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