Full text: Leitfaden für den Geschichts-Unterricht in mehrklassigen Volksschulen

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Das konnte der französische Kaiser nicht geschehen lassen, 
während er mit einem zahlreichen Feind im Angesicht 
kämpfte, daß auch hinter ihm Feindseligkeiten ausbrachen 
und ein kleiner Funke sich zu einer großen Feuersbrunst 
entzündete. Die armen Einwohner von Hersfeld bekamen 
daher bald Ursache, ihre unüberlegte Kühnheit zu be¬ 
reuen. Denn der französische Kaiser befahl, die Stadt 
Hersfeld zu plündern und alsdann an vier Orten anzu¬ 
zünden und in Asche zu legen. Dieses Hersfeld ist ein 
Ort, der viele Fabriken und daher auch viele reiche 
und wohlhabende Einwohner und schöne Gebäude hat, 
und ein Menschenherz kann wohl empfinden, wie es nun 
den armen Leuten, den Vätern und Müttern zu Muthe 
war, als sie die Schreckenspost vernahmen; und der 
arme Mann, dem sein Hab und Gut auf einmal auf 
dem Arm konnte weggetragen werden, war jetzt so übel 
dran, als der Reiche, dem man es auf vielen Wagen 
nicht wegführen konnte; und in der Asche sind die großen 
Häuser auf dem Platz und die kleinen in den Winkeln 
auch so gleich, als die reichen Leute und die armen auf 
dem Kirchhofe. Nun zum Schlimmsten kam es nicht. Auf 
Fürbitte der französischen Kommandanten in Kassel und 
Hersfeld wurde die Strafe so gemildert: Es sollten 
zwar nur vier Häuser verbrannt werden, und dieß war 
glimpflich; aber bei der Plünderung sollte es bleiben, 
und das war noch hart genug. Die unglücklichen Ein¬ 
wohner waren auch, als sie diesen letzten Bescheid hörten, 
so erschrocken, so alles Muthes und aller Besinnung be¬ 
raubt, daß sie der menscheitfreundliche Kommandant selber 
ermahnen mußte, statt des vergeblichen Klagens und 
Bittens die kurze Frist zu benutzen und ihr Bestes noch 
geschwind auf die Seite zu schaffen. Die fürchterliche 
Stunde schlug, die Trommel wirbelte ins Klaggeschrei 
der Unglücklichen. Durch das Getümmel der Flüchtenden 
und Fliehenden und Verzweifelten eilten die Soldaten 
auf ihren Sammelplatz. Da trat der brave Komman¬ 
dant von Hersfeld vor die Reihen seiner badischen Jäger, 
stellte ihnen zuerst das traurige Schicksal der Einwohner 
lebhaft vor die Augen und sagte hierauf: „Soldaten! die 
Erlaubniß zu plündern fängt jetzt an. Wer dazu Lust 
hat, der trete heraus aus dem Glied." So sprach der 
Kommandant und wer jetzt ein Glas voll Wein hat 
neben sich stehen, der trinke es aus zu Ehren der badi¬ 
schen Jäger. Kein Mann trat aus dem Glied. Nicht 
Th. Lesebuch. 4
	        
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