B. Oberstufe. Karls des Großen Friedensarbeit, seine Persönlichkeit n. sein Tod. 37
der Wintervorräte, über Feld- und Gartenbau. Die Gutsverwalter mußten
ein genaues Verzeichnis über alle auf dem Gute vorhandenen Gegenstände
einreichen; Karl prüfte die Rechnungen, in die auch die kleinsten verkauften
Gegenstände, z. B. jedes verkaufte Ei, eingetragen werden mußte. Oft be-
suchte er seine Güter und sah alles genau nach; alle größeren Verbesserungen
ordnete er selbst an.
d) Karls Persönlichkeit und Lebensweise. Karl war von großem,
starkem Körperbau. Seine Kraft war so gewaltig, daß er einst einen Mauren
mit einem Hiebe spaltete und Hufeisen wie Brotrinden zerbrechen konnte.
Er ritt und jagte gern und oft; im Schwimmen übertraf ihn keiner. In
Speise und Trank war er sehr mäßig. Trunkenheit war ihm verhaßt. Am
liebsten aß er Braten, den seine Jäger am Spieße braten und auftragen
mußten. Während der Mahlzeit ließ er sich gern aus der heiligen Schrift oder
über die Thaten alter Helden vorlesen. Seinen Nachtschlaf unterbrach er
häufig vier- oder fünfmal durch Aufstehen. Für gewöhnlich unterschied sich
seine Kleidung von der eines seiner Unterthanen nicht. Er trug Hemd,
Wams und Beinkleider von Leinwand, wozu seine Töchter das Garn selber
gesponnen hatten; darüber einen Rock mit seidener Einfassung. Die Beine gür-
tete er mit Binden; an den Füßen trug er Strümpfe und Schuhe. Im Winter
schützte er Brust und Schultern durch einen Mantel aus Otterfellen. Stets
hatte er sein Schwert an der Seite, das einen goldenen Griff und ein Wehr-
gehänge von Gold und Silber hatte; bei besonders festlichen Gelegenheiten
trug er einen reich mit Edelsteinen besetzten Degen, ein golddurchwirktes
Kleid und eine mit Edelsteinen besetzte Krone. Ausländische Kleidung
haßte er; nur zweimal legte er in Rom auf Bitten des Papstes das lange
römische Gewand und den Purpurmantel an. Karls Wohlthätigkeit er-
streckte sich nicht nur auf feine Unterthanen, sondern weit übers Meer pflegte
er Geld zu schicken, nach Syrien und Jerusalem, nach Alexandria und Kar-
thago, wenn er hörte, daß Christen dort in Dürftigkeit lebten. Der Ruhm
seines Namens war weit verbreitet; selbst der Kalif von Bagdad am Tigris
sandte ihm Geschenke , kostbare Gewürze, einen Elefanten von feltener Größe
und eine sehr kunstreiche Wasseruhr aus Metall. Sobald eine Stunde ver-
flössen war, öffnete sich an jeder Seite der Uhr eine Thür; aus einer der-
selben ritten z. B. um zwölf Uhr mittags zwölf Reiter hervor und in die
andere Thür wieder hinein. Karl schenkte dem Kalifen dafür starke Jagd-
Hunde, schöne Pferde und feine Leinwand, welche die fränkischen und friesischen
Frauen geschickt zu fertigen verstanden.
Vor allem edlen Wissen hatte Karl große Achtung; aber er selber hatte
einen mangelhaften Unterricht genossen. Er lernte die Rechenkunst noch im
höheren Mannesalter; die Schreibkunst aber vermochte er sich nicht mehr
anzueignen. Er gab sich große Mühe, führte sein Täfelchen immer bei sich
und legte es bei Nacht unter sein Kopfkissen, um das Schreiben zu üben,
wenn er nicht schlafen konnte; doch die des Schwertes gewohnte Hand ver¬
mochte den leichten Federkiel nicht zu führen.
Karl lebte in Friedenszeiten stets in seiner Familie; er aß mit Frau und
Kindern zusammen und führte sie auf allen seinen Reisen mit sich. Das war
sehr lästig, denn er hatte keinen festen Wohnsitz, fondern war fast immer auf
Reisen. Am liebsten wohnte er in Aachen. In dieser Stadt ließ er die