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Wenn man von diesem sagenhaften ersten Deutschen in Amerika
absieht, so sind, wie A. B. Faust in einem soeben erschienenen Buche
„Das Deutschtum in den Vereinigten Staaten" feststellt, die ersten
Ansiedler um das Jahr 1562 nachzuweisen, und zwar in Port Royal
(Süd-Karolina), das von einer Schar Hugenotten gegründet wurde,
zu denen sich elsässische und sächsische Protestanten gesellten. Diese
Niederlassung ist vier Jahre später von den Spaniern zerstört worden.
Auch unter den ersten Ansiedlern in Jamestown waren — im Jahre
1607 — verschiedene Deutsche. Das läßt sich aus den Namensregistern
feststellen, die der Kapitän John Smith von den Bewohnem der
frühesten englischen Kolonie in Amerika anstellte. Es finden sich darin
zahlreiche Hinweise auf die-„Dutch"-Ansiedler, die oft auch die „ver-
dämmten Dutch" gescholten werden. Diese Bezeichnung verdankten
sie ihrem Unabhängigkeit- und Freiheitssinn eher, als irgendwelchen
schlimmen Eigenschaften. Sie waren Handwerker, meist Zimmerleute.
Zwei von ihnen sollten im Verein mit zwei Engländern ein Haus
für den König Powhatan bauen. Der Zweck dieses Hausbaues war,
den König in Kapitän Smiths Gewalt zu bringen; dieser verräterische
Plan wurde von den beiden Deutschen enthüllt. Sie hatten, da jie
selbst unter der Tyrannei der Müßiggänger in der Kolonie litten,
Mitgefühl mit den roten Männern, die sie den englischen „Herren
von Jamestown" offenbar vorzogen. Schließlich gingen sie sogar zu
den Indianern über.
Auch in der holländischen Kolonie Neu-Niederland befanden
sich Deutsche. Zwei davon erlangten hohe Stellungen: Peter
Minnewit wurde erster Statthalter von Neu-Niederland, und Jakob
Leisler brachte es zum ersten Gouverneur von New-Aork. Peter
Minnewit, der aus Wesel gebürtig war, kam 1626 in Neu-Amsterdam
an und legte bald den Grund zur größten Metropole des amerika-
nischen Kontinents, indem er die Insel Manhattan (22 000 Morgen)
für 60 holländische Gulden, das sind 24 Dollars in Gold, von den
Indianern erwarb. Später ist Minnewit in schwedische Dienste ge-
treten. Mit schwedischen und deutschen. Auswanderern hat er die
Ufer des Delaware kolonisiert, die vierzehn Jahre ihre Unabhängig-
feit wahren konnten, bis sie der Statthalter Stuyvesant 1655 Neu-
Niederland einverleibte.
Die Auswanderung der Deutschen nach Amerika hat sich, wie um¬
stehende Tabelle zeigt, erhalten bis in die Gegenwart.
Die Auswanderung ist also im Abnehmen begriffen; das bedeutet
zum ersten: Die Welt ist schon vergeben, und zum zweiten: unsre deutschen
Lebensverhältnisse haben sich bedeutend verbessert. Obgleich die deutsche
Bevölkerung stark wächst, ist der Wohlstand nicht zurückgegangen, sondern
bedeutend gestiegen. Deutscher Fleiß ist gegenwärtig im Begriff, die
Welt zu erobern. Auch die deutsche Arbeiterfürsorge, Kranken- und
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