— 70 —
Gefecht bie Bresche. Auf ber Bresche eine neue Überraschung! Man
sah einen zweiten, 3—4 Klafter tiefen, ringsummanerten Graben
vor sich, rechts burch Palisaben, links burch einen Querwall abge¬
schlossen, von bem aus 2 Geschütze ben Graben ber Länge nach be¬
strichen. Die Türken überschütteten bie Angreifer mit einem Hagel
von Pfeilen unb Steinen. Mit fliegenben Fahnen kletterten unb
sprangen bie Mannschaften, angefeuert burch bas Beispiel bes Kur¬
fürsten, ber bereits burch einen Pfeil an ber Wange gestreift, alsbalb
burch einen Steinwurf noch eine zweite Verletzung am Rücken er¬
halten hatte, waghalsig in ben Graben hinab. Durch ein furchtbares
Feuer zwingen sie ben Gegner zur Räumung bes Grabens. Sie
bringen burch Lücken unb Scharten in bie zweite Mauer unb brechen
beit letzten Wiberstanb. Nach vierstünbigem Kampfe war Beigrab
in ber Gewalt bes Kurfürsten. Fast bie gesamte Besatzung unb Be¬
völkerung war gefallen ober gefangen genommen. Unter bett Sieges-,
trophäen besanben sich 3 Hauptbanner; zwei bavon sanbte ber Kur¬
fürst bem Papste zu, bas britte von grüner Farbe hängt noch heute im
Schiffe ber Metropolitankirche zu II. L. Frau in München.
So hatte Max Emannel bie Herrschaft bes Kaiserablers vom nord¬
westlichen Winkel Ungarns über bie gesamten Gebiete ber Stephans¬
krone ansbehnen Helsen. Er hatte bar üb er bas Leben von Tansenben
seiner Bayern geopfert, gegen 20 Millionen hingegeben, sein eigenes
Leben anfs Spiel gesetzt.
3. Wie Max Emanuel den Kaiser gegen den Reichsseind im
Westen unterstützte.
Die tiefe Verwicklung bes Kaisers in ben Türkenkrieg benützte
Lnbwig XIV. mit einem Manifest friebbrüchig bem Kaiser bett Krieg
anzusagen (3. Raubkrieg). Zur nämlichen Zeit, ba Max Emanuel
Belgrab erstürmte, machte ein französisches Kriegsheer bett berüch¬
tigten Einfall in bie Rheinpfalz. Gegen btefe neue Gewalttat Frank¬
reichs bitbete sich eine große europäische Allianz, ber auch Max
Emanuel angehörte. Sowohl am Rhein unb in ben Nieberlanben
als auch auf bem italienischen Kriegsschauplatz kämpfte er mit glanzen-
ber Tapferkeit.
4. Max 6mannet als Statthalter der Niederlande.
Währeub Max Emanuel den Winter 1691/92 zn Mailaub, Turin
ttitb Veitebig in Vergnügungen verlebte, brachte ihm ein außerordent¬
licher spanischer Gesanbter ein Dekret seines Königs, bas bem Kur¬
fürsten bie Statthalterschaft ber Nieberlanbe mit unbeschrankter Voll¬
macht unb einem monatlichen Gehalt von 75000 Talern anbot. Die
x) Er vertrieb die Franzosen aus Mainz, eroberte Carinagnola und er¬
zwang die Uebergabe von Namnr. Mit dem Falle von Namnr begann der-
militärische Stern Frankreichs zn erbleichen.