Object: Neueste Geschichte von 1815 bis zur Gegenwart (Teil 3)

Übersicht über die wichtigsten Ereignisse der auswärtigen Politik nach 1871. 277 
wandte sich die britische Nation im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts der 
Vergrößerung seines außereuropäischen Machtgebiets mit erhöhter Tatkraft zu. 
Das Bestreben, ohne Rücksicht auf den damit verbundenen Vorteil oder Nachteil 
„die Hand auf den Boden zu legen, damit ihn nicht der Fremde besetze", 
wurde zum obersten Grundsatze der englischen Weltpolitik; unter dem Einfluß 
Chamberlains gewann der Imperialismus, jene kolonialpolitische Richtung, 
die eine möglichst enge Verbindung zwischen den Europäerkolonien und dem 
Mutterlande herbeiführen und die Idee eines britischen Weltreiches verwirk- 
liehen will, eine weitreichende Verbreitung unter dem englischen Volke und 
maßgebenden Einfluß auf die englische Politik. 
b. Die Hauptschauplätze der englischen Weltpolitik wurden Asien 
und Afrika. 
a. In Asien sah sich England in seiner indischen Stellung durch das vor- 
dringen der Russen bedroht. Um die von Turkestan und Transkaspien her andrängenden 
Rivalen von den Grenzen Indiens abzuwehren, versicherten sich die Engländer des 
herrschenden Einflusses in Afghanistan. (Vertrag von Gundamak mit dem Emir von 
Afghanistan (879, Kriegszüge des Generals Roberts (880, Erneuerung des Vertrages 
von Gundamak mit dem gegenwärtigen Herrscher der Afghanen (905.) 
Als Rußland nach dem verunglückten japanischen Kriege den Wettbewerb mit 
England in Asien aufgeben mußte, kam es in dem vertrage vom 5 (. August <90? 
zu einem Ausgleich der russisch-englischen Interessengegensätze: Afghanistan sollte 
dem englischen Machtbereich angehören; in Persien sollte der Gsten unter englischem, 
der Norden unter russischem Einfluß stehen und der Rest beiden Mächten offen bleiben; 
in Tibet, das während des russisch-japanischen Krieges durch Oberst Hounghusband 
zu einem vertrage gezwungen worden war, der England wichtige Konzessionen 
zusicherte (Bau von Bahnen, Betrieb von Bergwerken, Handelsfreiheit auf drei 
tibetanischen Märkten), erkannten England und Rußland die (Oberhoheit Chinas an. 
ß. In Afrika gewann die englische Weltmachtspolitik ihre größten Erfolge. 
Durch den Ankauf der Aktien der Suezkanalgesellschaft, die der vizekonig von Ägypten 
besessen hatte, erwarb England fast die Hälfte aller Besitztitel an dieser überaus wichtigen 
Verkehrsstraße ((875). Der Aufstand, den ägyptische (Offiziere (unter der Führung 
Arabi Paschas) im Jahre (882 zum Zwecke der Verdrängung fremden Einflusses aus 
Ägypten hervorgerufen hatten, bot den Engländern erwünschten Anlaß, sich des Landes 
zu bemächtigen. Der Vizekönig war fortan nur noch ein völlig machtloses Werkzeug 
in der Hand des britischen Staatssekretärs (bis (907 Lord Cromer), der von England 
an die Spitze der Verwaltung des Landes gestellt wurde. 
(. Im Sudan regierte seit (87^ Charles Gordon als ägyptischer Statthalter; 
der südliche Teil des Sudans (Äquatorialprovinz) wurde von dein deutschen Arzte 
Eduard Schnitzer (Emin Pascha) verwaltet. Zwar ging der Sudan (885 durch den 
Aufstand des „Mahdi" verloren ((885 fiel Gordon bei der Verteidigung Chartums), 
aber (896 erlagen die Heerscharen des Mahdi dem Angriffe der englisch-ägyptischen 
Armee unter General Kitchener bei Dmdurman. Als Kitchener weiter nilaufwärts 
vordrang, stieß er bei Faschoda auf die Franzosen, die unter dem Hauptmann 
Marchand vorn Senegal aus in den Sudan eingedrungen waren. Auf Englands Drohung 
verstand sich Frankreich im Jahre (393 zur Räumung Faschodas, und im folgenden 
Jahre schlössen die beiden Mächte einen Vertrag ab, nach welchem England der äst- 
liche, Frankreich der westliche Teil des Sudans (wadai, Bagirmi) zufallen sollte. 
2. Im Jahre (90t verzichtete Frankreich auch auf seine Mitherrschaft in 
Ägypten, wogegen England ihm in Nordafrika freie Hand ließ, von Südafrika 
aus, wo England seit (8(5 die ehemals holländischen Kolonien (Kapkolonie und Natal) 
besaß, gedachten die Engländer (Cecil Rhodes) nordwärts bis nach Ägypten vorzu¬ 
dringen, um ganz Afrika vom Kap bis nach Kairo der britischen Herrschaft zu unter*
	        
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