§ 1. Frankreich. 5
adel, der zum letzten Male seine verlorenen Vorrechte zurückzugewinnen
suchte. Die Vereinigung dieser Gruppen, die man die Fronde*) nannte, Kampf gegen die
begann 1648, als Mazarin einige Führer verhaften ließ, einen Aufstand, 510,1 c'
der in einen mehrjährigen Krieg ausartete, zumal da die königlichen Prinzen
von Bourbon, unter ihnen der „große" Conds, sich nicht scheuten, mit
Spanien gemeinsame Sache zu machen. Zwar mußte Mazarin mehrmals
der Übermacht der Feinde weichen, wurde aber, da die Regentin und dann
auch der frühzeitig (1651) für mündig erklärte König treu zu ihm hielten,
ihrer Herr (1653), zur großen Zufriedenheit des Volkes, dem es nicht
verborgen blieb, daß seine prinzlichen und hochadligen Führer nur ihre
Sonderinteressen verfolgt hatten. Es war dies der letzte Kampf des
ständischen und provinziellen Partikularismus gegen das abso-
lute Königtum im alten Frankreich.
Von gleichem Glücke waren Mazarins auswärtige Unternehmungen Auswärtige
gekrönt. Der Kamps gegen die deutschen Habsburger und das Deutsche ^0lltiI-
Reich hatte den Franzosen im Westfälischen Frieden die Bestätigung
des Erwerbes der drei lothringischen Bistümer und bedeutende
Hoheitsrechte im Elsaß gebracht; ans Grund dieser Einnistung auf
deutschem Reichsboden wurde Frankreich auch ein einflußreiches Glied der
sog. Rheinischen Allianz (Alliance du Rhin), die zehn Jahre später
von den französisch gesinnten geistlichen Kurfürsten von Mainz und Köln und
einigen andern westdeutsd)en Reichssürsten aus Besorgnis vor der wachsenden
Macht des Hauses Habsburg abgeschlossen wurde (s. S. 40 u. 59). Mit
Spanien aber kam im Jahre 1659 der sog. Pyrenäische Frieden zustande,
durch den das französische Gebiet im Norden um die Grafschaft Artois
(mit Arras), im Süden um die Pyrenäenlandschaft Roussillon (mit
Perpignan) und im Osten um die bis dahin luxemburgisch-niederländische
Moselfeste Dudenhofen erweitert wurde, lauter Einfallstore für künftige
Eroberungen im habsburgisch-spanischen Gebiete! So wurde dann auch
die in diesem Frieden vereinbarte und im folgenden Jahre vollzogene
Vermählung des jungen Königs mit seiner Base Maria Theresia,
der Tochter Philipps IV., trotz des von der spanischen Prinzessin für sich
und ihre Erben feierlich ausgesprochenen Verzichts auf alle Erbansprüche,
für Ludwig die Veranlassung zu Hoffnungen auf neue Gebietserweiterungen.
Diese Verbindung war die letzte große diplomatische Tat Mazarins; als
er 1661 starb, nahm der bis dahin scheinbar nur dem leichtfertigen Müßig- Beginn tn
gang ergebene junge Monarch als gelehriger Schüler feines bisherigen |2g§bx?v.
Ratgebers allein die Zügel der Regierung in die Hand: damit begann leei.
das so bedeutsame „Zeitalter Ludwigs XIV." (s. 3. Kapitel).
setzte das Königtum es durch, daß die bloße Anwesenheit des Königs in der Sitzung,
ja schließlich auch nur das Hereintragen des königlichen Kissens (lit de justice) zur
Gültigkeitserklärung eines Gesetzes genügte.
1) Vielleicht von la fronde die Schleuder, fronder mit Steinen werfen.