Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 9)

§ 50. er Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland. 1863—1866. 259 
minister,, noch verstärkt, und die Remeruna konnte die gesetzliche Ge¬ 
nehmigung der Reform, die sie unbeirrt dnrH'füMte,' nlcht erlangen. 
fmw ihre entschiedenste Vertretung _in der iMl ge- 
gründeten Deutschen ^ortschrittsvarte^. zu der sich die linksstehenden Die Deutsche Fort- 
Liberalen 'unter Führung der^bekannten Demokraten Waldeck und schrwspartei. 
Schulze-Delitzsch (s. S. 237) vereinigten. Zwar gehörte zu den Haupt- 
^Menmcjen dieser Partei die Errichtung eines Deut scheu Parla¬ 
ments unter preußischer Zentralgewalt; aber sie verkannte, daß das 
mientbehrliMe Machtmittel des Staates zur Begründung einer achtuug- 
gebietenden internationalen Stellung Deutschlands ein starkes Heer 
war. 1862 wurde das Abgeordnetenhaus aufgelöst, und als die Neu- 
wählen der Fortschrittspartei eine noch größere Mehrheit brachten, 
entschloß sich der Köuia. um sein Lebenswerk zu retten, die Bahnen des 
Liberalismus zu verlassen und sich auf die konservativen Elemente zu 
stützen: er berief auf den Vorschlag Roons den damaligen Pariser Bot- 
schafter Otto voy Pismarck zum Ministerpräsidenten und Mini- Bismarck pre». 
ster des Auswärtigen. Ter Kammermehrheit erschien diese Berufung^räside^Ä?' 
"Sei „ultrareaktionären Junkers" wie ein Hohn; der König aber hatte in 
dem Kampfe, wo das sachliche Recht auf seiner, das formale Verfassnngs- 
recht (Bewilligung des Budgets) auf der Gegenseite war, einen Vor- 
kümpfer gewonnen, der sich mit altpreußischer Starrheit und Königstreue 
seinem Landesherrn mit Leib und Seele zur Verfügung stellte. Wohl 
hat die mehrjährige Spannung zwischen der Regierung uud der Mehrheit 
des Volkes, die Konfliktszeit, dem Lande schwere Wunden geschlagen 
— gewalttätige reaktionäre Maßregeln (Beamtendisziplinieruugeu, Preß- 
Prozesse, verletzende Schikanen usw.) auf der einen, Abnahme des monar- 
chischen Gefühls und grundsätzliche Ablehnung selbst des Richtigen und 
Notwendigen auf der anderen Seite —: aber daß der König und sein 
erster Berater mit der Behauptung der Heeresreorganisation auf 
dem richtigen Wege waren, hat die Folgezeit schnell dargetan. Denn 
„nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen 
Fragen der.Zeit entschieden, sondern durch Blut und Eisen" (Bis- 
marck, 1862). 
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§ 50. Der Kampf um die Vorherrschast in Deutschland. 1863—1866. 
Die Zuspitzung des Verhältnisses zwischen Preußen und Öfter- 
reich. Österreich befürchtete von der starken Militärmacht Preußen nicht ohne 
Grund eine ihm nicht genehme Lösung der deutschen Frage. Erarbeitete 
daher dessen Vorschlägen betreffs Verbesserung der Bundeskriegsver- 
sassuitg bei den mittel- und kleinstaatlichen Fürsten, die auf die Wahrung 
ihrer „Militärhoheit" schon an sich eifersüchtig bedacht waren, eifrig entgegen 
"ud suMx ejut» P.undesreform durchzusetzen, die. sich an die neue österrei- 
chische Verfassung anschloß. Da diese aus den Einzellandtagen aufgebaute 
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