26 Erster Zeitraum von 1648—1740.
germanischen Stämmen (Goten) bewohnt, die aber bereits im dritten
Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung nach Südrußland zogen. Später
hatten die zur baltisch-slawischen Völkergruppe gehörigen Preußen und
Litauer jenes Gebiet in Besitz genommen. Die Preußen (Pruzzen,
Prussen), deren Name nicht, wie man wohl annahm, „Nachbarn der
Russen" oder des „Rußflusses", sondern wahrscheinlich „die Klugen, die
Wissenden" bedeutet, bestanden aus einer Reihe von Völkerschaften, deren
Gaue wir heute noch in den allen Landschaftsnamen (wie Samland,
Ermeland, Pomerellen usw.) wiedererkennen- Während ihre Nachbarn, die
Polen und Pommern, im 11. Jahrhundert dem Christentum gewonnen
wurden, verhielten sich die Preußen noch lange allen Bekehrungsversuchen
gegenüber ablehnend (Märtyrertod des Polenapostels und Begründers des
Erzbistums Gnesen, Adalbert von Prag, ums Jahr 1000). Endlich
Beginn der erzielte im Anfang des 13. Jahrhunderts ein Zisterziensermönch Christian
Chrlstiamfterung.(vielleicht von dem im christlichen Pomerellen gelegenen Kloster Oliva),
unterstützt von dem Herzoge Konrad von Masowien, einem polnischen
Vasallen, einige Erfolge und erhielt dafür vom Papste als erster den
Titel eines Bischofs von Preußen. Doch rief der genannte Fürst zur
Sicherung des christlichen Gebiets die Hilfe des deutschen Ordens an,
Unterjochung und der derzeitige Hochmeister, Hermann von Salza, schickte gegen Zu-
d^rch^^/utsch'sicherung eines Teiles des Kulmer Landes^) eine Anzahl von Rittern
unter Führung des Landmeisters Hermann von Balk an die Weichsel.
Es folgte in der Zeit von etwa 1230—1280 eine durch weitere Zuzüge
von Rittern, ja durch förmliche „Kreuzzüge" ermöglichte Eroberuugsperiode,
neben der die friedliche Tätigkeit der Ansiedlung von freien Bauern und
der Städtegründung einherging (Thorn, Kulm, Graudenz, Marienwerder,
Elbing, Braunsberg). Die Macht des Ordens wurde dadurch vermehrt,
Vereinigung mit daß er sich im Jahre 1237 mit den in Livland herrschenden Schwert-
b@VmetiSnn Ottern2) vereinigte; seitdem konnte der Kampf gegen die Litauer kraft-
voller geführt und auch die Besetzung der bernsteinreichen Halbinsel
Samland (Gründung von Königsberg 1255) in Angriff genommen
werden. Nach mehreren schweren Aufständen der Preußen, während deren
die Herrschaft des Ordens manchmal auf dem Spiel stand, wurde im
Gau Pomefanien, auf der Verbindungsstraße zwischen dem Kulmer Land
1) Das gesamte Kulmer Land konnte Konrad gar nicht verschenken, da es zum
größten Teile bereits dem Bischof Christian gehörte, was zu einem sehr unerfreulichen
Streite zwischen Bischof und Orden führte. Die Rechtsfrage ist, da die Quellen ganz
zugunsten des Ordens gefärbt sind, nicht geklärt, ein Umstand, den noch heute die
polnische Geschichtsschreibung zur Bestreitung jeder Berechtigung der Ordensnieder-
lassung ausbeutet.
2) Nachdem im Jahre 1201 Riga gegründet war, stiftete der erste Bischof von
Livland, ein Deutscher, den „Orden der Brüder des Ritterdienstes Christi
in Livland"; auf dem weißen Mantel der Ritter war ein Schwert abgebildet.