Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 9)

§ 6, Das Ordensland Preußen bis zur Vereinigung mit Brandenburg. 27 
und den Haffgauen, ein neuer Stützpunkt durch die Gründung der Feste 
Marienburg an der Nogat geschaffen, deren stolzes Hochschloß wie ein Die Marienburg. 
Wahrzeichen deutscher Herrschaft und deutscher Kulturarbeit weit über die 
Niederung hin zu sehen war und noch heute, in seiner ursprünglichen 
Schönheit wiederhergestellt, zum Schutze der bedrohten deutschen Ostmark 
aufruft. Die Eroberung Preußens konnte als vollendet gelten, so daß 
nach dem Falle Akkons 1291 und nach einer vorübergehenden Verlegung 
des Hochmeistersitzes nach Venedig der Hochmeister Siegfried von Verlegung des 
Feuchtwangen sich 1309 entschloß, auch den Hauptsitz des Ordens itn 
Lande Preußen als dem nunmehrigen Kerne der Ordensmacht und zwar 1309. 
in der Marienburg einzurichten. 
2. Verwaltung und Einrichtung des Ordenslandes. Belehrt durch 
den unglücklichen Ausgang des Ordensunternehmens im siebenbürgischen 
Burzenlande^), hatte bereits Hermann von Salza alles etwa zu erobernde 
Gebiet als Reichslehen anerkennen lassen und dem Hochmeister die Reichs- Verhältnis zu 
fürstenwürde verschafft. Gegenüber dem Papsttum, das dies durch „Kreuz-Reich und Papst 
züge" dem Christentum erworbene Land gern in ein engeres Verhältnis zu 
Rom gebracht hätte, wußte der Orden seine Selbständigkeit zu behaupten, 
wenngleich er zeitweise eine Art von Schutzhoheit Roms durch Zahlung 
eines „Rekognitionszinses" anerkannt hat. 
Das ganze Land zerfiel in Kreise, deren Mittelpunkt eine mit 12—24 Politische Ein- 
Rittern besetzte Burg bildete; die Verwaltung dieses Bezirkes lag einem Komtur Beamtenschaft, 
(commendator) ob, dem der „Konvent der Ritter" zur Seite stand; der an- 
gesehenste von ihnen war der Großkomtur, der als Stellvertreter des Hoch- 
meisters im Marienburger Ordenshause wohnte. Das Heerwesen leitete der 
Oberst-Marschall; die Spitäler unterstanden dem Oberst-Spittler; die 
Kleidung und die Rüstung verwaltete der Oberst-Trappier (vgl franz. le 
drap) und die Finanzen der Oberst-Treßler (vgl. franz. le tresor). über 
Preußen wie über Livland gebot ein Landmeister, der vom Hochmeister und 
vom Ordenskapitel gewählt wurde und beiden verantwortlich war. 
Wie in der auf einem wohlüberlegten Verteidigungssystem beruhenden Grundsatze bei 
politischen Einteilung des Landes schuf der Orden auch in der Kolonisierungber ®oIomf,erun0 
dieser deutschen Grenzmark ein Meisterwerk. Die in der langen Kriegsperiode 
verödeten Landstriche wurden mit deutschen Ansiedlern besetzt, die teils die 
verwüsteten Dörfer wiederaufbauten, teils neue gründeten und als freie 
Bauern bald zu beträchtlichem Wohlstande kamen, zumal da die Abgaben 
nicht hoch waren und die Verwaltung viel zur kulturellen Hebung des Landes 
(so durch die Eindämmung der Weichsel und Nogat) beitrug. Auch trat neben 
die Reste der preußischen Großgrundbesitzer ein zahlreicher, aus allen Teilen 
Deutschlands zuströmender ritterbürtiger Landadel, der die Germanisie- 
rung des Kolonialgebietes wesentlich förderte. Ebenso begünstigte der Orden 
1) König Andreas von Ungarn hatte bei Beginn des 13. Jahrhunderts zum 
Schutze gegen die türkischen Kumanen und zur Kolonisation Dentschritter nach 
Siebenbürgen gerufen, sie aber nach geleisteter Hilfe und nach erfolgreicher kultureller 
Tätigkeit wieder vertrieben.
	        
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