Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 9)

28 Erster Zeitraum von 1648—1740. 
das Aufblühen der Städte, die je nach der Herkunft der Eingewanderten mit 
dem magdeburgischen oder lübischen Stadtrechte begabt wurden und 
unter denen Th o rn durch seine günstige Lage den Handel nach Polen beherrschte, 
während die Ostseestädte (u. a. Danzig und Elbing) lebhafte Beziehungen mit 
der Hansa anknüpften und die preußischen Waren — Bernstein, Wachs, Honig, 
auch Getreide — gegen die Güter des Südens eintauschten. An diesem Handel 
beteiligte sich der Orden selbst, indem er zwei besonderen Beamten, den „Groß- 
schäffern", die kaufmännischen Angelegenheiten übertrug. 
3. Blüte und Verfall des Ordensstaates. Das Jahrhundert, das 
auf die Verlegung des Hochmeistersitzes nach Preußen folgte, sah die höchste 
Größte terri- Machtentfaltung des Ordensstaates. Die Erwerbungen Pomerellens 
uung°im 1"Jabr-(Danzig 1310), Esthlands, der Insel Gotland und der Neumark 
hundert. (1402), von denen die erste und die letzte die Verbindung mit dem deutschen 
Reiche sichern sollte, kennzeichnen die Bedeutung dieses Staates, der von 
der pommerschen Grenze bis zum Peipussee reichte und den das Baltische 
Meer beherrschenden Nordmächten ebenbürtig zur Seite trat (Blüteperiode 
unter Winrich von Kniprode 1351—1382). 
Großpolens Eine schwere Gefahr aber erwuchs dem Orden, als der litauische 
UBga"ileEo.fett Großfürst Jagiello^) durch seine Verheiratung mit Hedwig, der Erbin 
des polnischen Königs Ludwig (von Anjou), die politische Vereinigung 
der beiden dem Orden schon lange feindlichen Staaten vollzog. Indem 
er zum Christentum übertrat und die Litauer allmählich seinem Beispiele 
folgten, verloren die Abwehrkriege des Ordens den Charakter von Kreuz- 
zügen und damit die Unterstützung aus dein christlichen Europa, ja die 
päpstliche Kurie, der die Selbständigkeit dieses ursprünglich geistlichen 
Staatswesens unerwünscht war, näherte sich dem schlauen Polenkönige. 
Unter solchen Umständen kam es zu jenem unglücklichsten Ereignisse in 
unMckstag von der glorreichen Geschichte des Ordens, der Schlacht bei Dannenberg2), 
5*yTui;ß in der die slawische Übermacht dem Ordensheere eine vernichtende Nieder- 
läge bereitete (Rettung der Marienburg durch Heinrich von Plauen). 
Die Schwächen Obgleich der 1411 abgeschlossene (soa. erste) Thorner Friede dem 
der Organisation. c r ,f. r f r \.»r , . n. r 
Orden un wesentlichen nur etn hohes Losegeld für die Gefangenen auf¬ 
erlegte, traten die bedenklichen Schwächen in der Organisation dieses 
eigenartigen Staatswesens von jetzt an immer deutlicher zutage. Da 
nämlich die Ordensritter infolge ihrer Ehelosigkeit nur aus den Zuzug 
auswärtiger Ritter angewiesen waren, so blieb ihre Herrschaft dem Lande 
fremd: der eingeborene Bauer fah in dem eingewanderten Ritter nur 
den Zwingherrn, die Bürger, deren Städte als Mitglieder der Hansa 
eine bedeutende Rolle spielten, fühlten sich dem Ordenskapitel und seinem 
patriarchalisch - gewaltsamen Regierungssystem gegenüber in unwürdiger 
1) Bei der Taufe nahm er den Namen Wladislaw (I.) an. 
2) Dieser dies ater des Deutschtums wird heute wieder von den Nationalpolen 
unter dem Namen des „Tages von Grunwald" gefeiert.
	        
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