§ 6. Das Ordensland Preußen bis zur Vereinigung mit Brandenburg. 29
Beschränkung, und die landsässigen Adligen blickten mit Neid auf die
Ordensritter in ihren festen Burgen, deren Oberhoheit sie anerkennen
mußten. So hatten die Städte angefangen, vom engeren Anschluß an
die Hansa oder gar an Polen eine bessere Stellung zu erhoffen, und
der Adel hatte sich zur Wahrung seiner Rechte im „Eidechsenbund"
vereinigt, dessen Spitze sich gegen den Orden richtete.
Die Mißstimmung nahm zu, als nach dem unglücklichen Kriege mit
Polen die Ritter durch die Absetzung des heldenhaften Hochmeisters Arn^FrÄe!!,
Heinrich Reuß von Plauen, der kräftig der im Orden mehr und
mehr hervortretenden Selbstsucht und Zuchtlosigkeit entgegentrat, es be-
wiesen, daß sie an eine zeitgemäße Reform nicht herangehen mochten. Die
ungeheure Schuldenlast, die durch die Tilgung der polnischen Kriegsschuld,
durch die Auslöhuung der notwendig gewordenen Soldtruppen und durch
neue Kriegszüge gegen Polen bedingt war, wurde ganz ans die Untertanen
abgewälzt, ohne daß man ihrem Verlangen nach Teilnahme an der
Regierung stattgab. Ackerbau, Handel und Gewerbe gingen zurück. Da
verbanden sich die Städte, die sich auch durch den steigenden Handels-
betrieb des Ordens selbst beeinträchtigt fühlten, mit dem Landadel zum
Preußischen Bunde (1440). Als aber auch dieser keine Zugeständnisse Der Preußische
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bei den Regierenben durchsetzen konnte, warf er sich dem polnischen Komge Kriege mit Polen,
in die Arme und beschwor dadurch eine Reihe von Kriegen herauf, in
denen hauptsächlich wegen des Mangels an Geldmitteln2) bie Widerstands¬
kraft des Ordens erlahmte. Im zweiten Thorner Frieden wurde
das Schicksal des Deut)(Hördens besiegelt: er verlor das Weichselgebiet Friedens im.
und das Bistum Ermeland; diese Gebiete (das heutige Westpreußen)
sollten unter Bestätigung der Freiheiten der Städte zu Polen ungefähr
in das Verhältnis einer Personalunion treten. Ferner mußte der Orden
für den Rest des Ordensstaates (das heutige Ostpreußen) die Lehns¬
herrlichkeit des Polenkönigs anerkennen.
Vergeblich machte der Orden Anstrengungen, sich der polnischen
Lehnshoheit wieder zu entziehen; auch Albrecht von Ansbach und Hochmeister
Bayreuth, ein Sproß des fränkischen Zweiges der Hohenzollern, dem
das Generalkapitel in Hoffnung auf tatkräftige Unterstützung burch seine
Familie bie Hochmeisterwürde übertragen hatte, mußte sich, von Kaiser
Maximilian I. im Stich gelassen, der harten Notwendigkeit fügen. Da
die evangelische Lehre in Königsberg Einzug gesunden hatte, entschloß
sich Albrecht auf Luthers Rat, das morsch gewordene Gebäude des
einst so glänzenden, jetzt aber zur Tatenlosigkeit verurteilten Ordens-
staates einzureißen und aus Preußen ein weltliches Herzogtum auf evange¬
lischer Grundlage zu machen. Am 10. April 1525 huldigte Albrecht in
Krakau dem Polenkönig Sigismund I. als Oberlehnsherrn für das welt-
l) Damals wurde die Neumark an Brandenburg zurückverkauft (f. S. 19).