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Kirche nach Grönland zu senden; und wie ein Segen Gottes selten allein
kommt, so kamen zugleich mit der neuen Kirche auch zwei neue Predigt¬
gehülfen.
Johann Beck war nämlich nach Deutschland gereist, nur den.Druck
einiger grönländischer Uebersetzungen zu besorgen, und ans seine Vor¬
stellungen ordnete die Brüdergemeinde abermals zwei Sendboten aus
ihrer Mitte nach Grönland ab, sie hießen Johann Sörensee und
Christian Börnike. Was für ein Geist des hingebendsten Gehorsams
im Glauben diese Menschen beseelte, das malt uns schon folgender
kleine Zug vor Augen. Zinzendorf trat eines Tages an Sörensee mit
der Frage: Mein Bruder, kannst Du morgen nach Grönland abreisen?
Er antwortete unbedenkliche Ja, heute schon, wenn ich ein Paar Schuhe
bekomme.
Anr 12. Juni 17-47 kanr das Schiff mit der Kirche in Neuherrn¬
hut an, anr 5. Juli wurde der Grundstein gelegt. Matthäus Stach hob
seine Hände auf über dem Grundsteine und segnete ihn mit den Worten:
Herr, hebe auf die durchgrabenen Hände über diese Stätte und vollende
alle die Segen, die sich schon in Deinem Herzen regen.
Wir haben jetzt eine gar selige Zeit in Grönland — schrieben um
diese Zeit die Brüder nach Hause. Der Herr hat mehr an uns gethan,
als wir zu bitten verstanden haben. Unser Herz zerfließt oft über den
Strom des Lebens, der sich über dieses Volk ergießt, und was ihn
hindern will, durchbricht. Wir stehen oft voller Beschämung da und
wundern uns, wenn ein so wildes, dummes und unempfindliches Volk
beim Reden und Singen von Jesu Leiden so empfindlich gerührt
wird, daß ihm die Thränen häufig von den Wangen rollen, und
daß ein Volk, welches sonst nicht lange an einem Orte bleiben kann,
sich nun zu einer Gemeinde sammeln läßt, beim Ausfahren inrmer in
der Nähe bleibt, und wenn sie schon 2 — 3 Meilen weg sind, doch am
Sonntage fast alle zu der Versannnlung kommen. Wird einem die fröh¬
liche Botschaft gebracht, daß er aufgenommen und getauft werden soll,
so kann er die Stunde kaum erwarten, und aus dem Blick seiner Augen,
der vorher wild, finster und fürchterlich war, nun aber licht und ange¬
nehm ist, kann man abnehmen, daß innerlich eine größere Verwand¬
lung vorgegangen sein müsse, als wir uns vorstellen können.
Im Jahre 1752 sandte die Synode der Brüdergemeinde ihren Bischof
Johannes von Watteville nach Grönland, um von dem Zustande
der dortigen Mission durch eigene Anschauung Kenntniß zu gewinnen.
Matthäus Stach war damals gerade in London, wo er sich bemühete,
die Mission für Labrador zu Stande zu bringen. Watteville brachte ihn
mit nach Grönland zurück. Als sie landeten, erwartete sie Johann Beck
am Strande. Er war vor Freude außer sich, wie er sie gewahrte, und
hub an wie ein Kind zu weinen. Das Fieber, an dem er noch so eben
darnieder gelegen hatte, verließ ihn auf der Stelle.
Von Neuherrnhut gibt Watteville folgenden Bericht: Man sollte
wohl kaum in einem so rauhen Lande ein so angenehmes Plätzchen ver¬
muthen. Das Land besteht aus lauter kahlen Felftn, zwischen denen nur
sehr wenig Erde oder vielmehr Sand anzutreffen ist. Und dennoch sieht
es ums Haus, im Hofe, Garten u. s. w. recht ordentlich aus, und auf
dem ganzen Platze rings herum, da ehedem kein Gräschen gewachsen,
steht nun das schönste Gras im Sande und zwischen den Steinen, so
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