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d) Luther als Tischgenosse. Alles, was er hatte, genoß er mit seinen 
Freunden, die er gern an seinem Tische sah. Er pflegte zu sagen: „Man soll 
den Gästen einen guten Trunk geben, daß sie fröhlich werden. Denn die Schrift 
sagt: Das Brot stärkt des Menschen Herz, der Wein aber macht ihn fröhlich." 
Und in solchen Stunden spendete er neben der leiblichen Gabe gern die Schätze 
seines Geistes; denn unter seinen Freunden ging ihm das Herz voll und ganz 
auf. Ernst und Scherz sprudelte von seinen Lippen; launige Erzählungen, lehr¬ 
reiche Geschichten, Fabeln und sinnreiche Sprüche wechselten miteinander ab. 
Dazwischen wieder ein tiefernstes Wort, eine Schriftauslegung, kirchliche und 
politische Streitfragen — das war die Unterhaltung, die ihm das Mahl würzte. 
Manche dieser Tischgespräche sind von seinen Freunden niedergeschrieben worden 
und so auf uns gekommen; z. B.: 
„Iß, was gar ist; trink, was klar ist; sprich, was wahr ist." 
„Weißt du was, so schweig'; ist dir wohl, so bleib; hast du was, so halt'; Unglück 
mit seinem breiten Fnß kommt bald." 
„Schweig, leid, meid und vertrag; deine Not niemand klag; an Gott nicht ver¬ 
zag; seine Hilfe kommt alle Tag." 
„Eine Lüge ist wie ein Schneeball; je länger man ihn wälzet, je größer wird er." 
„Gott ist geduldig, langmütig und barmherzig, daß er so schweigen kann und 
den ärgsten Buben so lange zusehen und sie ungestraft lassen hingehen. Ich könnt's 
nicht thun." 
„Niemand kann ausrechnen, was Gott allein braucht, die Sperlinge zu ernähren; 
die koste» ihm iu einem Jahre allein mehr, als der König von Frankreich Einkommen 
hat. Und nun denke man an das andere! Doch versteht Gott alle Handwerke: in 
seiner Schneiderei macht er dem Hirsche einen Rock, der hundert Jahre hält; als ein 
Schuster giebt er ihm Schuhe an die Beine, und bei der lieben Sonne ist er ein Koch." 
„Die Welt kann nichts weniger vertragen denn gute Tage; sie kann gute Tage 
und Wohlfahrt nicht brauchen, sie hat zu schwache Beiue dazu. Gehet's wohl, so über¬ 
hebt sie sich und wird stolz, daß niemand mit ihr auskommen kann. Gehet's aber 
übel, so verzagt sie, will aus der Haut fahre» und sich nicht trösten lassen, wird unge¬ 
duldig, lästert, schnurret und murret wider Gott. Allem Christus kann es beides er¬ 
tragen, nnd seine Christen durch seine Hilfe." 
e) Luther als Freund der Musik. War in Luthers Hanse das Mittags¬ 
mahl mit sinnreichen Reden gewürzt, so liebte er es, sich den Abend mit seinen 
Freunden und den Kindern durch Musik und Gesang zu verschönen. Einer 
unserer neueren Dichter hat gesagt: 
„Wo man singt, da laß dich ruhig nieder; 
Böse Menschen haben keine Lieder." 
Wer am Abend an Luthers Haufe vorüberging, der konnte es deutlich und mit 
andächtiger Freude hören, daß darinnen gute Menschen wohnten. Die Musik 
galt Luther als ein hehres, heiliges Geschenk des allgütigen Gottes. Er selbst 
spielte die Laute und die Flöte und begleitete durch solches Spiel den Gesang 
seiner Kinder. Wenn er selbst seine Stimme erhob, so konnte er „so lustig 
und fröhlich sein, daß er des Singens schier nicht satt werden konnte". Er 
konnte nicht Worte genug finden, seine Musika zu preisen.
	        
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