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Die deutschen Protestanten meinten nun, eine rein deutsche Angelegenheit, wie
es die Reformation bis jetzt war, gehöre nicht vor ein allgemeines, sondern
vor ein deutsches Konzil, auf dem die evangelischen Geistlichen dieselben
Rechte wie die andern genössen. Daher weigerten sie sich, an der Versammlung
teilzunehmen. Als der Kaiser auch dieses Mittel, von dem er sich am meisten
versprochen, fehlschlagen sah, griff er zur Gewalt. Er bezeichnete die Weigerung
der Protestanten als Ungehorsam, welcher mit Waffengewalt bestraft werden
müsse. Deshalb schloß er ein Bündnis mit dem Papste und versprach diesem,
die Widerspenstigen in Deutschland mit Kriegsgewalt zur alten Religion und zum
Gehorsam gegen den römischen Stuhl zurückzubringen, wegegen dieser ihn durch
12 000 Manu Fußvolk, 500 leichte Reiter und ansehnliche Geldsummen zu
unterstützen sich verpflichtete. Auch sicherte er im voraus jedem vollkommenen
Ablaß zu, der sich an der Unterdrückung der Ketzer beteiligen würde. Aber
auch der schmalkaldische Bund war gerüstet, und so kam es schon im Sommer
1546, wenige Monate nach Luthers Tode, zum ersten Religionskriege.
2. Der Krieg in Süddeutschland. Mit großer Schnelligkeit
sammelten die Glieder des schmalkaldischen Bundes ein stattliches Heer von
über 40 000 Manu und zogen damit gegen den Kaiser. Da ächtete dieser
die beiden Häupter des Bundes, den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen
und den Landgrafen Philipp von Hessen, als eidbrüchige Empörer, „die ihm
Krone und Scepter nehmen und am Ende alles unter ihre Tyrannei bringen
wollten." Diese Reichsacht würde jedoch den Protestanten wenig geschadet
haben, wenn nur alle evangelischen Fürsten fest und treu zur Sache ihres
Glaubens gestanden hätten. Das war leider nicht der Fall, vielmehr blieben
die meisten derselben, z. B. der Kurfürst von der Pfalz, der Kurfürst Joachim II.
von Brandenburg, der Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, Herzog
Moritz von Sachsen (der Nachfolger jenes Herzogs Heinrich, der nach Herzog
Georgs Tode die Reformation im Herzogtum Sachsen eingeführt hatte), die
Herzöge von Pommern und Mecklenburg, dem Kriege fern.. Der Markgraf
von Brandenburg und Herzog Moritz von Sachsen hielten es sogar heimlich
mit dem Kaiser. So standen auf Seite des schmalkaldischen Bundes außer
den beiden Häuptern desselben fast nur noch die großen süddeutschen Reichs¬
städte Augsburg, Ulm, Straßburg, Frankfurt, Nördliugeu, Reutlingen, Heil¬
bronn u. a.
Trotzdem wäre der Kaiser leicht zu besiegen gewesen, denn er hatte erst
einen kleinen Teil seiner Macht beisammen; noch fehlten die Bundesgenossen
ans Italien und den Niederlanden. Ein rascher Angriff der Verbündeten
hätte ihnen sicher leichten Sieg gebracht. Allein die Häupter des Bundes
waren in ihrem Wesen zu verschieden, als daß sie kräftig und einmütig hätten
handeln können. Kurfürst Johann Friedrich war treu in seinem Glauben und
Kornrumpf, Handbuch rc. II. 9