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nicht nur die Bibel, sondern auch die kirchlichen Überlieferungen, die
Lehren der Kirchenväter, die Beschlüsse der Kircheuversammlungeu
und die Aussprüche und Verordnungen des Papstes, auch wenn sie
nicht mit den Lehren der Bibel übereinstimmen, die Quelle religiöser Er¬
kenntnis. Das Lesen der Bibel ist den Laien nur in solchen Übersetzungen
gestattet, die vom Bischof genau bezeichnet sind.
f) Die Lehre vom heiligen Abendmahl. In der evangelischen Kirche
wird das Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht, d. H. der Laie erhält Bror
und Wein, auch wird ihm Bergebung der Sünde ohne vorherige Ohren¬
beichte zugesichert. — In der katholischen Kirche wird das Abendmahl nur
unter einerlei Gestalt gereicht, d. H. der Laie empfängt nur das Brot, wäh¬
rend der Priester den Kelch für sich behält und für alle Abendmahlsgäste
den Wein genießt.
g) Der Gottesdienst. In der evangelischen Kirche trat an die Stelle der
lateinischen Messe der deutsche Gottesdienst mit Predigt, Gebet und Ge¬
sang. Das farbige Meßgewand des Priesters wurde durch einen schwarzen
Chorrock verdrängt, eine Menge gottesdienstlicher Gebräuche abgeschafft, die
Zahl der Feiertage beschränkt und der toten Werkgerechtigkeit, die in
Gelübden, Fasten, Wallfahrten, Opfern und Almosen, Verehrung von Re¬
liquien uud Heiligenbildern, Prozessionen und dergl. bestand, das lebendige
Wort Gottes durch Verbreitung der heiligen Schrift unter dem Volke ent¬
gegengesetzt. Ebenso wurde das Abbeten des Rosenkranzes als der heiligen
Schrift zuwiderlaufend verworfen.
h) Die Kirchenverfassung. Die katholische Kirche ist nach ihrer Lehre die
alleinseligmachende und daher unfehlbar. Ihr Oberhaupt ist der
Papst, der Stellvertreter Christi, der Statthalter Gottes auf Erden. Ihm
zur Seite stehen als oberste Ratgeber die Kardinäle, dann als Kirchei,-
fürsten die Erzbischöfe und Bischöfe, als Kirchendiener die Priester.
Alle diese bilden einen besonderen Stand im Gegensatz zu den Laien,
leben im Cölibat und erkennen als obersten Herrn nur deu Papst an. Die
katholische Kirche ist also eine Priesterkirche, eine Kirche der Autorität,
eine sichtbare Anstalt aller derer, welche ihrer Lehre sich unterwerfen und
an ihren Sakramenten teilnehmen, also aller Namenchristen. — Die evan¬
gelische Kirche hat kein sichtbares Oberhaupt, sondern nur Christus.
Da alle Christen gleiche Berechtigung znm Priesteramt haben, fo bilden die
Geistlichen keinen besonderen Stand und können daher auch in der Ehe
leben. Die evangelische Kirche ist also eine Gemeindekirche, die im all¬
gemeinen Priestertum wurzelt, eine Kirche der Freiheit, keine sichtbare An¬
stalt, sondern die unsichtbare Gemeinschaft aller derer, welche eins sind
im Glauben an Christum und sein Evangelium. Die Geistlichen
werden vom Staate und von den Gemeinden gewählt und angestellt, nicht
von den kirchlichen Oberen eingesetzt. Zur Aufsicht werden Superintendenten
und Generalsuperintendenten bestellt. Während die katholische Kirche die
Herrscherin über den Staat sein will, ist die evangelische Kirche nur seine
Dienerin. Daher ging durch die Reformation die weltliche Macht der katho¬
lischen Kirchenfürsten an den Staat über, so daß die Geistlichen gleich allen
übrigen Staatsbürgern Unterthanen oder Beamte der Staatsregierung sind.
2. Mißbräuche und Irrlehren der katholischen Kirche.
a) Der Marien- uud Heiligendienst.
b) Die Reliquienverehrung.
c) Das Rosenkranzbeten.
d) Der Ablaßhandel.