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aus dem Walde hervor. Als einer von den Begleitern Luthers sie kommen 
sah, sprang er aus dem Wagen und machte sich eilig davon. Die bewaffneten 
Reiter aber übersielen den Wagen, geboten fluchend und drohend Halt und 
rissen Luther heraus. Fuhrmann und Wagen mit dem andern Begleiter ließen 
sie weiterziehen. Dann Marsen sie Luther einen Reitermantel um, sehten ihn 
ans ein Pferd und führten ihn im Walde umher, bis das Dunkel der Nacht 
hereinbrach. Es war fast Mitternacht, als die schwere Zugbrücke auf Schloß 
Wartburg bei Eisenach niederrasselte und die Burg den vom weiten Wege 
Ermüdeten in ihre schützenden Mauern aufnahm. 
B. Vertiefung. 
1. Was gefällt uns an Luther? 
a) Sein Gehorsam gegen den Kaiser. Nicht einen Augenblick weigert 
er sich, dem Befehle des Kaisers nachzukommen: „Nach Worms bin ich berufen, 
nach Worms muß ich ziehen." So befolgt er selbst, wozu er das Volk immer 
ermahnt: zum Gehorsam gegen die Obrigkeit; sein Thun stimmt mit seinen 
Worten überein; er ist also ein leuchtendes Vorbild wahren Gottes- und 
Menschengehorsams. Wie früher seinen Eltern und Lehrern, so ist er jetzt 
seinen Herren gehorsam; er erfüllt also das 4. Gebot. In dem pünktlichen 
Gehorsam gegen den Kaiser erkennt er auch die Wahrheit des Dichterwortes an: 
„Denn herrenlos ist auch der Freiste nicht. 
Ein Oberhaupt muß sein, ein höchster Richter, 
Wo man das Recht mag schöpfen in dem Streit." 
b) Sein Mut in der Stunde der Gefahr. Gewiß hat auch bisher 
schon ein nicht gewöhnlicher Mut dazu gehört, in Wort und Schrift gegen 
den Papst und die Mißbrauche des Papsttums aufzutreten. Jetzt aber wird 
sein Mut auf die schwerste Probe gestellt, indem er das, was er gesagt und 
gethan, nötigenfalls mit feinem Blute besiegeln muß. Dieser Mut auch in der 
schwersten Stunde seines Lebens ist nur ein Ausfluß feines Gottesgehorfams, 
da er dem Bibelworte folgt: „Man muß Gott mehr gehorchen als den 
Menschen." Der Gehorsam gegen Gott aber hat feinen Ursprung im Glauben 
an ihn, er ist Glaubensgehorfam, wie ihn bis zur höchsten Selbstver¬ 
leugnung Abraham (Isaaks Opferung) und Christus (im Garten Gethsemane) 
geübt. In Worms hat Luther Christi Wort befolgt: „Will mir jemand nach¬ 
folgen, der verleugne sich selbst. . Matth. 16, 24—26; er ist ein rechter 
Jünger Christi, der durch Kreuz zur Krone, durch Kamps zum Sieg gegangen 
ist, der mit dem Apostel sprechen kann: „Wer will uns scheiden von der Liebe 
Gottes? Trübsal, oder Angst, oder Verfolgung, oder Hunger, oder Blöße, 
oder Fährlichkeit, oder Schwert" (Rom. 8, 35)? Auf feinem Gange nach 
Worms hat er Christi Mahnung befolgt: „Fürchtet euch nicht vor denen, bie
	        
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