— 87 —
unter Königen, wie die meisten Germanen der Völkerwanderung. Einer der¬
selben, Merovaus, hatte mit seinem Kriegsvolke im Jahre 451 gegen Attila
gekämpft. Seine Nachkommen hießen nach ihm die Merowinger. Sein Enkel
Chlodwig (d. i. Ludwig) ist der Gründer des Frankenreiches, das später alle
Germanen des Festlandes vereinigen sollte.
b) Die Eroberung Nordgalliens. Chlodwig war erst 15 Jahre
alt, als er int Jahre 481 zur Regierung kam. Er erbte von seinem Vater
die Krone über ein kleines Teilreich (Was heißt das?) der Franken, das an
der Somme (im nördlichen Frankreich) lag. Er war ebenso geschickt im Ge¬
brauche der Waffen, als listig, verschlagen und treulos. Bald vergrößerte er
durch Klugheit und Tapferkeit sein kleines Land. Südlich von ihm wohnten
Römer, der letzte Rest des ehemals ganz römischen Galliens. Nach dem Unter¬
gänge des weströmischen Reiches im Jahre 476 herrschte hier, zu beiden Seiten
der Seine bis zur Loire, ganz unabhängig als Statthalter der Römer Sh agr ius,
der zweite Nachfolger des Aetius. Diesen letzten Rest der römischen Herrschaft
wollte nun Chlodwig an sich bringen. Nach deutscher Art ließ er Syagrius
auffordern, selbst Ort und Zeit der Entscheidungsschlacht zu bestimmen. Dieser
ging darauf ein, und 486 besiegte ihn Chlodwig bei Soissons (nordöstlich von
Paris) vollständig und nahm all sein Land bis zur Loire. So ging dieser
letzte Rest der römischen Herrschaft zehn Jahre nach dem Untergange des west¬
römischen Reiches an die Franken verloren. Syagrius floh zu dem benach¬
barten Westgotenkönige, dessen Reich südlich der Loire lag, wurde jedoch von
diesem treulos ausgeliefert und von Chlodwig getötet. Nun bildete die Loire
die Grenze des Frankenreiches gegen die Westgoten, die Mosel die Grenze
gegen die Alamannen, während im Südosten das Reich der Burgunder an
das Frankenreich stieß. Chlodwig schlug nun seine Residenz in Soissons,
später in Paris auf, das damit die Hauptstadt des Frankenreiches wurde.
Das von den Römern eroberte Gebiet wurde nicht einfach unter die
Franken geteilt, wie das sonst bei Eroberungen vielfach zu geschehen Pflegte,
sondern der König nahm nur das Staatsgut und die offenbar sehr ausgedehnten
herrenlosen Ländereien in Anspruch und verteilte sie unter seine Franken. So
lebte die fränkische Bevölkerung unter der römischen über das ganze Land zer¬
streut. Während die Romanen ihr Grundeigentum und ihre persönliche Frei¬
heit behielten, wurden alle staatlichen und Heereseinrichtungen nach fränkischer
Weise getroffen. Da fortan der Schwerpunkt der Merowingerherrschaft in diese
romanischen Lande fiel, so ist auch das Frankenreich auf dem Boden des ehe¬
maligen weströmischen Kaiserreichs gegründet worden.
2. Chlodwig als Christ, a) Chlotilde. Das neue Land, das Chlodwig
erobert hatte, war von Christen bewohnt; die Franken und ihr König aber
waren noch Heiden. Bald daraus verheiratete sich Chlodwig mit der burgun-