Full text: Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte (Bd. 2)

II 485 
9. Kaiser Wilhelms Persönlichkeit und sein Tod. 
(Siehe <5, 57-59.) 
10. Kaiser Milhelm !. Mn Charakterbild. *) 
Kaiser Wilhelm der Große, Kaiser Wilhelm der Siegreiche. 
Das Andenken Kaiser Wilhelms wird unvergeßlich im deutschen 
Volke fortleben; als ein großer Fürst, als ein Erwecker und Mehrer 
der Reichsherrlichkeit, als ein Vater des Vaterlandes wird sein Bild 
in der Geschichte erhalten bleiben. Aber alle, die unter ihm gelebt haben, 
werden sich stärken und erbauen an ihm, der durch seine vortrefflichen 
Eigenschaften des Geistes und Herzens ein Vorbild geworden ist, das 
uns immer zur Nachahmung auffordern wird. 
1. In einer Zeit, da von so vielen der Glaube an Gott ver¬ 
leugnet oder verspottet wurde, bot Kaiser Wilhelm I. ein erhebendes 
Beispiel echter Frömmigkeit. 
„Auf Gott will Ich unerschütterlich vertrauen, Ihm alles anheim¬ 
stellen und Mir im Glauben an Seine Vorsehung einen getrosten Mut 
zu erhalten suchen. 
Meines Gottes will Ich überall gedenken, an Ihn will Ich in 
allen Angelegenheiten Mich wenden, und es soll Mir eine süße Pflicht 
sein, im Gebete mit Ihm Meine Seele zu vereinigen. Ich weiß, daß 
Ich ohne Ihn nichts bin und nichts vermag." 
Diese Worte zeichnete Prinz Wilhelm als Lebensgrundsätze bei 
seiner Konfirmation auf, und sie haben ihn jederzeit geleitet. Schwere 
Prüfungen sind über ihn gekommen, aber allezeit war es Gebet und 
Ergebung in den Willen Gottes, die ihn aufrecht erhielten. 
Überaus schwer traf ihn der verruchte Versuch, den im Jahre 1878 
Zwei Mörder machten, dem ehrwürdigen Greise das Leben zu rauben. 
Er schrieb darüber am Ende jenes „verhängnisvollen" Jahres: „Die 
körperlichen Leiden traten zurück gegen den Schmerz, daß preußische 
Landeskinder eine Tat vollbrachten, die am Schluß Meiner Lebenstage 
doppelt schwer zu überwinden war und Mein Herz und Gemüt für den 
Rest Meiner Tage finster erscheinen lassen!" Mehr als die schweren 
Verwundungen des Körpers schmerzt ihn also der Undank der Unter¬ 
tanen, die Ruchlosigkeit, daß aus seinem eigenen Volke heraus die 
tödlichen Schüsse abgefeuert wurden. Dieser Gedanke wollte nimmer 
von ihm weichen und sollte ihm den so wohlverdienten schönen Lebens¬ 
abend verfinstern. Hören wir aber, wie er auch in dieser Prüfung die 
Hand des Herrn erkennt und sich in Demut seinem heiligen Willen fügt: 
„Ich muß Mich ergeben in den Willen Gottes", schrieb er, „der dies 
alles zuließ, aber zugleich Seine Gnade und Barmherzigkeit walten ließ, 
da Er Mir nicht nur das Leben erhielt, sondern Mich in einer Weise 
gesunden ließ, die Mich zu Meinen Berufsgeschäften wieder fähig 
machte. So preise Ich Gott für biefe Seine Führung, in der Ich zu¬ 
gleich eine Mahnung erkenne, Mich zu prüfen, ehe Ich vor dem Richter- 
*) Anmerkung. Aus des Verfassers „Vaterländischen Gedenktagen". 
Heft II. (Breslau, Franz Goerlich. Preis 80
	        
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