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Ihr zum Haupt nun trat sie und sprach anredend die Worte,
(Gleich an Gestalt der Tochter des segelkundigen Dymas,
Die der Jugend Genossin ihr war und Vertraute des Herzens):
„Welch' ein lässiges Mädchen, Nausikaa, bist du der Mutter!
Alles Gewand, so wert der Bewunderung, liegt dir verwahrlost,
Und bald steht dir Vermählung bevor, wo Schönes du selber
Anziehn mußt und reichen den Jünglingen, wenn man dich heimführt;
Denn aus solchem ja geht ein Gerücht aus unter die Menschen,
Das uns ehrt; auch den Vater erfreut's und die liebende Mutter.
Eilen wir denn zu der Wäsche, sobald der Morgen sich rötet!"
Also sprach und enteilte die Herrscherin Pallas Athene
Schnell zum Olympos empor, dem ewigen Sitze der Götter.
Bald führ Eos daher glanzreich und erweckte die Jungfrau,
Hold in schönem Gewände, Nausikaa. Staunend des Traumes,
Eilte sie, hinzugehn durch die Wohnungen, daß sie den Eltern,
Vater und Mutter, es sagt', und fand sie beid' in der Kammer.
Jene saß an dem Herd, umringt von dienenden Weibern,
Drehend der Wolle Gespinst, meerpurpurnes; aber der König
Kam an der Pfort' ihr entgegen und ging in der glänzenden Herrscher
Hohen Rat, wohin ihn bestellt ruhmvolle Phaiaken.
Nahe hinan nun tretend zum lieben Vater begann sie:
„Väterchen, lässest du nicht ein Lastgeschirr mir bespannen,
Hochgebaut, starkrädrig, damit ich die köstliche Kleidung
Führ' an den Strom, zu waschen, die mir so schmutzig umherliegt?
Auch dir selber geziemt es, der stets mit den Edelsten umgeht,
Dazusitzen im Rate, geschmückt mit sauberen Kleidern.
Und fünf Söhne zugleich sind dir im Palaste geboren,
Zween von ihnen vermählt und drei in der Blüte der Jugend.
Die nun wollen beständig in neugewaschener Kleidung
Gehen zum Reigentanz, und es kommt doch alles auf mich an."
Jene sprach's; denn sie scheute das Wort der holden Vermählung
Ihrem Vater zu nennen; doch merkt' er alles und sagte:
„Weder die Mäuler, mein Kind, mißgönn' ich dir, weder ein andres.
Geh! es sollen die Knecht' ein Lastgeschirr dir bespannen,
Hochgebaut, starkrädrig, mit räumigem Korbe gerüstet."
Kaum gesagt, so gebot er den Dienenden, und sie gehorchten.
Aber die Jungfrau trug die feinen Gewand' aus der Kammer,
Legte sie dann in den Korb des schöngeglqtteten Wagens.
Auch die Mutter legt' ihr labende Speis' in ein Kästlein,
Mancher Art, und Gemüse dazu und gab ihr des Weines
Im geisledernen Schlauch (und die Jungfrau trat in den Wagen),
Gab ihr in goldener Flasche sodann des geschmeidigen Öles,
Daß sie gebadet sich salbte, zugleich mit den dienenden Jungfraun.
Sie nahm Geißel sofort und kunstreich prangende Zügel;
Treibend schwang sie die Geißel, und laut nun trabten die Mäuler,