fullscreen: Beiträge zur Behandlung der mecklenburgischen Geschichte in der Volksschule

97 
3t?m entfiel das Licht, und er konnte sich mit genauer Not 
durch eine Hintertür retten. Ahnlich erging es ihm mehrmals, 
wenn er Freunde der neuen Lehre besucht oder einem Tod¬ 
kranken Trost gespendet hatte und sich in der Dämmerung 
nach -Hause begeben wollte, konnte er es beobachten, wie aus 
einem Hoftor oder aus einer dunklen Straßenecke unheimliche 
Gesellen hervortraten und ihn verfolgten. Das geschah all- 
mählich so häufig, daß Stüter sich des Nachts nicht mehr in 
sein Haus hineintraute, sondern regelmäßig am Abend die 
Stadt verließ und des Morgens wieder zurückkehrte. Da aber 
die Bedrohungen seines Lebens selbst am Tage nicht unterblieben, 
wich er, nachdem er vier )ahre in der !Vamowstadt gewirkt 
hatte, für eine Zeitlang gänzlich aus dem gefährlichen Orte. 
2. Alle er zurückkehrt, immer mehr Hnhänger gewinnt, 
aber auch weiter von den papiften aufs graufamfte 
verfolgt wird. 
Stüters Abwesenheit von Rostock dauerte nicht lange. 
Die armen Leute, welche sonst bei ihm in St. Peter zur Kirche 
ginqen, konnten nicht ohne ihn auskommen und riefen oft: 
„®~<8ott, der Stüter ist fort, wer will uns nun das Evangelium 
so schön auslegen?" Der Herzog Heinrich erbarmte sich ihrer 
und führte den wie ein gehetztes lvild flüchtigen Mann mit 
starkem Arm nach Rostock zurück. Machten da aber die papiften 
große Augen! Und wie jubelte die petrigemeinde, als sie 
ihren Prediger und Lehrer wiedersah und ihm die Hand 
drücken konnte! 
Als wenn der treue Mann etwas versäumt hätte, arbeitete 
er nun mit verdoppeltem Eifer. Am Sonntage predigte er 
zweimal, morgens über ein Evangelium und nachmittags 
über eine Epistel; und des Montags nahm er einen Propheten 
oder ein Lehrbuch aus der Bibel vor und erklärte die Heilige 
Schrift im Zusammenhange. Ganz und gar nicht gefiel es 
ihm, daß in der Kirche lateinische Gesänge, die kein Mensch 
verstand, gesungen wurden. Er übte darum deutsche Psalmen 
ein und ließ auch ein kleines Gesangbuch drucken, welches 
besonders Luthersche Kirchenlieder enthielt. War das eine 
Lust, wenn es nun durch die Kirche scholl: „Aus tiefer Not 
schrei ich zu dir" oder: „Nun freut euch, lieben Christen gemein" 
oder: „Es wolle Gott uns gnädig sein und seinen Segen 
geben." Als Stüter auch das Abendmahl in zweierlei Gestalt, 
also zur Oblate auch den Kelch reichte, da wuchs die Zahl 
seiner Anhänger ständig. Desto mehr aber schimpften die 
Katholischen. Als eines Tages eine große Schar Andächtiger 
aus der petrikirche hinausströmte, hatte sich ein Haufe Papisten 
<m der Kirchhofsmauer versammelt. Ein dicker Mönch rief 
7
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.