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Hebung einer Klage bis zum Urteilsspruch dürfen nicht Monate,
geschweige denn Jahre vergehen. )n kürzester Frist soll ein
Kläger sein Recht und ein Übeltäter seinen Richter gefunden
haben!"
Linen Augenblick hielt der Herzog inne und blickte auf die
schreibenden Herren, dann fuhr er fort: „Ls ist mir schon
öfter aufgefallen, daß viel Bettelvolk in der Nähe meines
Schlosses herumlungert. 3st das hier früher immer so gewesen?"
„3a", antwortete ein alter Herr im weißen Haar, „schlimm
war es schon immer mit den Bettlern, doch seit Beginn des
Krieges ist's ständig ärger geworden. Am allerärgsten sieht's
auf den Tandstraßen, die durch dichte Wälder führen, aus.
Vor Tagen sind zwei Güstrower Kaufleute auf dem Wege
nach Rostock überfallen worden, und vorgestern hat auf der
Straße nach Bützow schon wieder ein Überfall stattgefunden.
Die Klagen über Banden und Raubgesindel sind allgemein,
kommt alles vom Krieg, gnädiger Herr." „Hol' der Henker
diese Banditen!" rief Wallenstein erzürnt, „denen soll die
Suppe versalzen werden. (Es ist sofort mein strenger Befehl
an die Obersten meiner Regimenter zu senden, daß sie kleine
Soldatenabteilungen mein Land durchstreifen und lVege-
lagerer und Strolche aufs schärfste verfolgen lassen. Wird ein
Vagabund auf frischer Tat beim Raube ertappt, so ist die
Bestie an den nächsten Baum zu hängen. Aber nun die Armen!
Gibt's denn keine Armenhäuser?" „In den größeren Orten
wohl", entgegnete der Weißkopf, „aber was ist das bei so vielen
Armen? Die können ohne die Bettelei nicht existieren, wenn
sie nicht verhungern wollen." „Aber", fuhr Wallenstein da¬
zwischen, „die verfluchte Bettelei will ich nicht haben. Schreibt:
3n jedem pfarrdorfe und in jeder Stadt ist von den Lin-
gepfarrtert ein Armenhaus zu bauen und für den Unterhalt
der Armen zu sorgen." Als einer der Anwesenden sich die
Bemerkung erlaubte, daß die Bauten im ganzen Lande un¬
möglich schnell geliefert werden könnten, sprach der Herzog:
„3ch gebe eine Frist von höchstens einem 3ahre. Bis Michaelis
](629 sind die Armenhäuser fix und fertig, am 9. Oktober
werden sie bezogen; an diesem gleichen Tage sind auch von
den Lingepfarrten die Armenbeiträge zu entrichten und sofort
an die Notleidenden zu zahlen, und damit basta!"
Wieder glitten die Federn der Beamten mit großer
Schnelligkeit über das Papier. Da fing der Herzog schon von
neuem an: „Und nun noch eine Sache, die mir ganz besonders
am Herzen liegt. Mit den Verkehrswegen muß es von Grund
auf anders werden. (2s ist auf den Landstraßen nicht aus der
Stelle zu kommen, ich habe das in voriger Woche auf dem Wege
nach Neustadt selbst erfahren. Dort sitzt ja auf dem Eisenwerke
der Martin Hoyer, ein tüchtiger Schmelzmeister, macht aber nur