Kaiser Josef II., 1765—1790. 57
er Land und Wohnungen schenkte. Zur Förderung des Handels ließ er
den Plauerischen-, Finow- und Bromberger-Canal anlegen; auch bte Gewerbe
hob er- in einheimischen Fabriken wurden jetzt Leinwand, Kattun, Samt,
Porzellan und Zucker verfertigt. Den Richtern befahl er bei Handhabung des
Rechts die strengste Unparteilichkeit. „Der Müller von Sanssouci" von Hebel.
Die Tortur schaffte er schon bei seinem Regierungsantritte ab. In seinem
Lande herrschte vollkommene religiöse Duldung und Glaubeusfrethett. Dte
Verwaltung des Landes wurde auf's sparsamste eingerichtet; Friedrich selbst
lebte höchst einfach. Jeder Tag hatte seine bestimmte Zeiteinteilung. Als
der erste Mann im Staate wollte er auch der thätigste sein. „Daß ich lebe, ist
nicht notwendig, wohl aber, daß ich thätig bin. Nichts aber hat mehr Aehn-
lichkeit mit dem Tode, als Müßiggang," sagte er. Sein Lieblingsaufenthalt
war das Schloß Sanssouci bei Potsdam. Er war ein großer Verehrer der
französischen Literatur; um die deutsche kümmerte er sich nicht, obwohl zu seiner Zeit
schon die größten Dichter, als Klopstock, Lessing, Herder, Schiller und Goethe lebten.
Noch zweimal mußte Friedrich zum Schwerte greifen, einmal bei der ersten
Tbeilung Polens 1772, wo er Westpreußen, jedoch ohne Danzig und Thorn,
erhielt, und dann bei dem unblutigen „Kartoffelkriege", um dem Kaiser
Joses entgegen zu treten, als dieser sich Uebergriffe gegen Baiern erlaubte.
Das Alter Friedrichs war freudenleer. Seine liebsten Freunde hatte
der Tod abgerufen; am längsten lebte mit ihm der alte Ziethen. Am 17. August
1786 starb Friedrich zu Sanssouci; seine irdische Hülle ruht zu Potsdam in der
Garnisonkirche. Die Nachwelt nennt ihn „den Großen".*)
49. jttiifet Sofef II., 1765-1790.
1. Sein Charakter. Er war der Sohn der Maria Theresia. Friedrich der
Große war sein Vorbild; ihm gleich wollte er regieren; doch konnte er erst nach
dein Tode seiner Mutter frei auftreten. Josef war ein edler Fürst, der das
Glück feiner Unterthanen wollte. Aber er war zu rasch in seinen Verbesserungen
und erntete oft Undank. Eine hervorragende Eigenschaft Josefs war seine Ge¬
rechtigkeitsliebe. Den Amtmann, der die Bauern vergeblich auf die Ver¬
teilung des Getreides warten ließ, setzte er ab. Von seiner Wohlthätigkeit
liefert die Geschichte von der armen kranken Fran ein Beispiel, der er in ihrer
Wohnung 25 Dublonen verschrieb.
2. Seine Verdienste. Joses berücksichtigte nur das Verdienst, nicht den
Stand. Er nahm sich des unterdrückten Bauernstandes an und hob die
Leibeigenschaft auf. Zum Beweise dafür, wie hoch er die Thätigkeit des
Landmannes schätzte, ergriff er selbst einmal den Pflug und ackerte eine Strecke
Landes. Dem Volke öffnete er den Prater, den berühmten Lustgarten in Wien,
der bisher nur den Vornehmen zugänglich gewesen war, und setzte über den Ein¬
gang die Worte: „Allen Menschen gewidmet von ihrem Schätzer." Den Vor¬
nehmen aber, die sich beklagten, daß sie nun kein Plätzchen mehr hätten, wo sie
ungestört mit ihres Gleichen vergnügt sein könnten, sagte er: „Wenn ich nur
unter meines Gleichen sein wollte, so müßte ich in die Kaisergruft hinuntersteigen
zu meinen Ahnen." — Zur Aufklärung des Volks gründete er Schulen; überall
förderte er Kunst und Wissenschaft. — Von den vielen Klöstern ließ er nur die
bestehen, die sich mit Unterricht oder mit Krankenpflege beschäftigen; die andern
wurden aufgehoben. — Den verschiedenen Religionsgesellschaften erteilte er
durch das berühmte Toleranzedikt freie Religionsübung.
*) Tie amerikanischen Kolonien Englands erklärten sich 1776 unabhängig. Ihr Oberfeld¬
herr war Washington. Den Amerikanern schlossen sich begeisterte Helden aus Europa an, währen»
die Engländer nur Mietstruppen in’s Feld stellen konnten. Die Nordamerikaner siegten, und England
mutzte die Unabhängigkeit der vereinigten Staaten von Nordamerika anerkennen. Um das 'Andenken
des großen Washington zu verewigen, erbauten die Amerikaner die Stadt Washington und erhoben sie
zur Hauptstadt des Landes. An der Spitze der vereinigten Staaten steht ein Präsident, welcher alle
i Jahre gewählt wird. Der Nordamerikaner Benjamin Franklin erfand den Blitzableiter.