Full text: Sechzig Bilder aus der deutschen und preußischen Geschichte

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wohl erwarten durfte, zehrte an seinem Leben und warf ihn bald aufs Sterbe¬ 
lager. Als er das Ende nahe fühlte, rief er seinen Bruder Eberhard zu 
sich und sprach zu ihm: „Mein Leben, lieber Bruder, will zu Ende gehen; 
ich fühle es, und darum will ich, noch ehe ich scheide, dir meinen letzten 
Willen sagen und was ich verfügen möchte für das ganze Reich. Wir haben 
freilich große Heerscharen, wir haben Städte und Wappen, wir haben Krone 
und Scepter und alles, was zur königlichen Würde gehört; nur das Glück 
fehlt uns und die Sitten der Väter. Das Glück, Bruder, ging mit der Liebe 
des Volkes auf Heinrich über, der so ganz ein Mann ist nach deutschem 
Sinne, und überdies geben jetzt im ganzen deutschen Lande die Sachsen den 
Ausschlag. Darum nimm diese Kleinode: die heilige Lanze, die goldnen 
Armbänder, den Purpurmantel, das Schwert der alten Könige und die Krone, 
gehe zu Herzog Heinrich und mache Frieden mit ihm, auf daß er dein Ver¬ 
bündeter sei dein Leben lang, und das Volk der Franken nicht mit dir bor 
ihm zu Grunde gehe; denn er ist bestimmt, der König bieler Völker zu sein." 
Eberhard that, wie ihm der edle Bruder geheißen, und Heinrich wurde König. 
12. Heinrich I., -er Städteerbauer. (919—936.) 
a. Vorbereitungen zum Kampf 
gegen die Ungarn. Heinrich war 
eben am Vogelherde mit dem Finken¬ 
fange beschäftigt, als ihm die Nach¬ 
richt überbracht wurde, daß er zum 
Kaiser erwählt sei. Daher erhielt 
er den Beinamen Finkler. Er suchte 
zunächst das Reich gegen äußere 
Feinde, besonders gegen die Ungarn, 
zu schützen, die oft berheerende Raub¬ 
züge nach Deutschland unternahmen, 
aber stets, noch ehe das deutsche Heer 
zum Wiederstande bereit war, auf 
ihren schnellen Rossen, beladen mit 
reicher Beute, sich wieder dabon ge¬ 
macht hatten. Er schloß mit ihnen 
einen 9 jährigen Waffenstillstand und 
gelobte ihnen Tribut. Während dieser 
Zeit berbesserte er das Heerwesen, 
Übte das Volk im Gebrauch der Waffen, 
die Adligen besonders aber im Reiter¬ 
dienst, baute biete Städte und be¬ 
festigte sie, indem er sie mit starken 
Mauern umgab. Niemand jedoch 
wollte freiwillig in diese Gräber, wie 
das Volk die Städte nannte, ziehen. 
Aber Heinrich befahl, daß jeder neunte 
Mann daselbst wohnen müsse. Die 
Bewohner dieser Burgen wurden Bürger genannt. Die Landleute mußten 
einen Teil ihrer Vorräte in die Städte liefern und durften in Kriegszeiten 
Fig. 7. Heinrich I.
	        
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