Full text: Sechzig Bilder aus der deutschen und preußischen Geschichte

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Kriege verwickelt wurden. Etwa 100 Jahre v. Chr. erschienen plötzlich zwei 
deutsche Volksstämme, die Cimbern und Teutonen, die bis dahin an den 
Küsten der Ost- und Nordsee, in Jütland, gewohnt hatten, und wahrschein¬ 
lich durch Überschwemmungen zur Auswanderung genötigt worden waren, im 
nördlichen Italien. Es waren mehr als 300 000 wehrhafte Männer, dar¬ 
unter^ 15 000 geharnischte Reiter. Auf 1000 Karren folgten ihre Weiber 
und Kinder und dann die Knechte mit den Herden. Die Römer erschrocken 
über die wilden, riesigen Gestalten mit kühner Haltung, durchdringendem Blick 
und brausendem Schlachtgesang. Sie suchten ihr weiteres Vordringen zu 
hindern, jedoch wurden mehrere ihnen entgegen gesandte Heere geschlagen. 
Immer weiter nach Süden wälzte sich der verheerende Völkerstrom. Da er¬ 
griff ungeheure Angst die Römer. Wer fliehen konnte, der floh. In ihrer 
Not übergaben sie die gesamte Kriegführung gegen die Eindringlinge ihrem 
Feldherrn Marius, dem größten Helden seiner Zeit. Der zog zuerst 
gegen die Teutonen, welche vom südlichen Frankreich her in Italien ein¬ 
brechen wollten. An der Rhone schlug er ihnen gegenüber ein festes Lager 
auf und verhielt sich in diesem trotz des Spottes der Deutschen und ihrer 
oftmaligen Herausforderung zum Kampfe so lange ruhig, bis seine Krieger 
sich erst an den Anblick der schrecklichen Feinde gewöhnt hatten. Als diese 
darauf unter Spott und Hohn an ihm vorüberzogen, um in Italien einzu¬ 
brechen, folgte er ihnen auf Seitenwegen und überfiel sie an einem geeig¬ 
neten Orte (bei Aix, in der Nähe der Rhonemündung). Römische Kriegs¬ 
kunst siegte über die wilde Tapferkeit der Deutschen. Das ganze Heer der 
Teutonen wurde vernichtet. Unterdessen waren aber die Cimbttn über die 
Alpen gekommen und verheerten die blühenden Gefilde Oberitaliens. Marius 
zog jetzt auch ihnen entgegen. Er stellte sein Heer so, daß die glühende 
Sonne den Feinden ins Angesicht brannte, und der Wind ihnen Staub und 
Sand in die Augen trieb. Mit Hilfe dieser Bundesgenossen gelang es ihm, 
auch die Cimbern bei Vercellä (101) entscheidend zu schlagen, obschon sich 
deren vorderste Reihen mit Ketten zusammen gebunden hatten. Zuletzt ver¬ 
teidigten sich noch die Weiber in der Wagenburg gegen die Römer, bis auch 
sie überwunden wurden. So rettete Marius Rom vor dem ersten Ansturme 
der Deutschen. — Die Lust zur Wanderung war aber bei den Deutschen 
einmal rege geworden. Andere deutsche Völker drangen in Gallien (jetzt 
Frankreich) ein. Die Gallier vermochten ihnen nicht zu widerstehen und riefen 
die Römer zu ihrer Hilfe herbei. Diese sandten ihren tapfern Feldherrn 
Julius Cäsar dorthin, der nicht nur die Deutschen besiegte, sondern nach 
und nach alles Land bis zum Rhein und zur Donau eroberte und den Grund 
zu den ersten deutschen Städten Trier, Köln, Koblenz, Bonn, Mainz, Worms, 
Augsburg, Regensburg, Passau, Wien n. a. legte. Von nun an wollte Rom 
ganz Deutschland unterjochen. 
T). Gefahr der Unterjochung. Drusus und Tiber ins, die Feldherrn 
des römischen Kaisers Angustus, drangen mit Gewalt und List bis zur Weser 
in Deutschland vor. Letzterer bemühte sich besonders teils den Samen der 
Zwietracht unter den deutschen Völkerstämmen auszustreuen, damit sie sich 
untereinander aufrieben, teils suchte er durch Geschenke und Ehrenstellen, die 
er vielen verschaffte, sie für sich zu gewinnen, und römische Gesetze und 
Sprache, römische Sitten und Weichlichkeit unter ihnen einzuführen. Teil¬ 
weise gelang ihm das nur zu gut. Der römische Statthalter Varns, der
	        
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