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§. 115.
Spanien und Portugal.
Spanien. Philipp V. (1700—1746), der Gründer der bour-
bomschen Dynastie in Spanien, besaß zwar kein glänzenderes
Herrschertalent als seine beiden nächsten Vorgänger; er hatte jedoch
in dein kardinal Alberoni einen ^Ninister, der durch eine ein¬
sichtsvolle Benutzung der nur zu lange vernachlässigten Hilfsquellen
des Landes den Wohlstand des Staates zu heben verstand. Albe¬
roni s Versuche, die europäischen Nebenländer Spaniens wieder zu
gewinnen, führten seinen Sturz herbei. Philipps beide nächsten
Nachfolger, sein Sohn, Ferdinand II. (1746—1759), und dessen
Süefbruder, Karl III. (1759- 1788), der frühere König von
Neapel, förderten das Wohl des Landes durch weise Sparsamkeit
und Hebung des Ackerbaues, des Gewerbfleißes und des Handels;
doch erregte der Letztere durch übereilte Neuerungen Unzufriedenheit,
oem^pohnunb Nachfolger, Karl IV. (1788—1808), ein schwa¬
cher H'ürst, überließ die Regierung seinem Günstlinge, Emmanuel
Godoy, dem sogenannten Friedensfürsten (Principe de la Paz)
und mußte 1808 der Krone entsagen.
„ Portugal. Unter der Regierung der ersten Könige aus dem
Hause Braganza besserte sich der innere Zustand Portugals nicht,
und das Land verarmte mehr und mehr, besonders seitdem es
gänzlich unter britische Abhängigkeit gekommen war. Unter ^oieph
Emmanuel (1750 — 1777) führte Pombal (Seb. Ks.'von
Carvalho) als unumschränkter Minister in Portugal die Reformen
ein, von denen die herrschende Staatsweisheit das Heil der Staaten
erwartete: er förderte Ackerbau, Handel und Bildung und hob die
Seemacht; doch fehlten ihm Mäßigung und Gerechtigkeitsliebe.
Den Adel brachte er durch schonungsloses Eingreifen in seine
Rechte und Besitzungen gegen sich aus. Ein angeblicher Mordver¬
such auf den König, in Folge dessen sämmtliche Glieder der dem
königlichen Hause verwandten Familien von Aveiro und Tavora
auf dem Blutgerüste eines martervollen Todes sterben mußten,
wurde von Pombal zur Verfolgung der Jesuiten benutzt, die
theils gefangen genommen, theils aus dem Lande verwiesen wurden,
während ihre Güter dem Staate zufielen. — Auf Joseph Emmanuel
folgte seine Tochter Maria Franziska (1777—1816). Sie
entließ Pombal, der zur Untersuchung gezogen und zum Tode verur-
theilt, aber begnadigt wurde, und seine Reformen gingen unter.
Die Königin verfiel '1786 in Wahnsinn, und die Regierung über¬
nahm ihr Sohn Johann (VI.).